07.06.2019

Neuer Halbleiter aus der Familie der Kohlenstoffnitride

Zweidimensionales Material bietet sich für optoelektronische Anwendungen an.

Manche organische Materialien könnten ähnlich wie Silizium­halbleiter in der Opto­­elektronik eingesetzt werden. Ob als Solarzellen, Leuchtdioden oder auch als Transistoren – wichtig ist dabei die Bandlücke. Ein Team um den Chemiker Michael J. Bojdys an der Humboldt-Universität Berlin hat kürzlich ein neues organisches Halbleiter­material aus der Familie der Kohlenstoff­nitride synthetisiert. Das Triazin-basierte graphitische Kohlenstoffnitrid oder TGCN besteht nur aus Kohlen­stoff- und Stickstoff-Atomen und lässt sich als brauner Film auf einem Quartz­substrat aufwachsen.

Abb.: Diese Illustration zeigt im Hintergrund das Laser­experiment an und die...
Abb.: Diese Illustration zeigt im Hintergrund das Laser­experiment an und die Struktur des neuen, organischen Halbleiter­materials. (Bild: C.Merschjann, HZB)

Die Kohlenstoff- und Stickstoff­atome bilden miteinander sechseckige Waben, ähnlich wie im Graphen, das aus reinem Kohlenstoff besteht. Wie bei Graphen ist auch beim TGCN die kristalline Struktur zweidimensional. Bei Graphen ist die Leit­fähigkeit in der Ebene jedoch exzellent, senkrecht dazu sehr schlecht. Bei TGCN ist es genau umgekehrt: die Leit­fähigkeit senkrecht zur Ebene ist rund 65mal größer ist als in der Ebene selbst. Mit einer Bandlücke von 1,7 Elektronen­volt ist TGCN ein guter Kandidat für Anwendungen in der Opto­elektronik.

Der HZB-Physiker Christoph Merschjann hat daraufhin im Laserlabor JULiq, einem Joint Lab zwischen HZB und Freie Universität Berlin, die Transport­eigenschaften in Proben aus TGCN mit zeit­aufgelösten Absorptions­messungen im Femto- bis Nanosekunden­bereich untersucht. Solche Laser­experimente ermöglichen es, die makro­skopische Leit­fähigkeit mit mikroskopischen Transport­modellen zu verknüpfen. Aus den Messdaten konnte er ableiten, wie die Ladungsträger durch das Material diffundieren. „Sie verlassen die sechseckigen Waben aus Triazin-Einheiten nicht horizontal, sondern bewegen sich schräg zur nächsten Triazin-Einheit in der Nachbarebene. Sie bewegen sich entlang röhren­artiger Kanäle durch die Kristall­struktur“, sagt Merschjann.

Dieser Mechanismus könnte erklären, dass die Leitfähigkeit senkrecht zu den Ebenen deutlich höher ist, als in den Ebenen. Allerdings reicht er vermutlich nicht aus, um den tatsächlich gemessenen Faktor von 65 zu erklären. „Wir haben die Transport­eigenschaften in diesem Material noch nicht vollständig verstanden und wollen diese weiter untersuchen“, kündigt Merschjann an. Dazu wird der verwendete Aufbau im JULiq-Nachfolgelabor, dem ULLAS-Lab am HZB in Wannsee, für neue Experimente einsatzfähig gemacht

„TGCN ist daher bislang der beste Kandidat, um gängige anorganische Halbleiter wie Silizium mit ihren teilweise kritischen Dotanden aus seltenen Elementen zu ersetzen“, sagt Michael Bojdys. „Unser Herstellungs­verfahren, das wir in meiner Gruppe an der Humboldt-Universität entwickelt haben, führt zu flachen Schichten von halb­leitendem TGCN auf iso­lierendem Quartzglas. Das ermöglicht Upscaling und einfache Device-Produktion.“

HZB / JOL

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