19.05.2023

Neue Sensoren für eine gesündere Raumluft

EU-Programm bringt internationale Promovierende aus Chemie, Materialforschung und Sensortechnologie zusammen.

Luftver­schmutzung gilt als eines der größten Umweltprobleme weltweit, wird aber häufig nur mit der Luft im Freien in Verbindung gebracht. Dabei verbringt der Mensch durch­schnittlich 22 Stunden pro Tag in Innenräumen, wo Möbel, Teppiche oder Wandfarben im Laufe der Zeit gesundheitlich schädliche Lösungs­mittel freisetzen können. Die Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler im internationalen Programm „Sennet“ wollen solche Schadstoffe gezielt nachweisen. Dafür entwickeln sie zuverlässige Sensoren, die auf besonderen, porösen Materialien basieren. An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sind gleich zwei der insgesamt zwölf Teilprojekte angesiedelt, hier arbeiten Anorganische Chemie und Material­wissenschaft eng zusammen. Ziel des Programms, an dem insgesamt acht Universitäten sowie Forschungs­einrichtungen und Unternehmen als Partner beteiligt sind, ist die qualifizierte Ausbildung der teil­nehmenden Promovierenden. Gefördert wird es von der Euro­päischen Union mit insgesamt rund 3,2 Millionen Euro.

Abb.: Barnika Chakraborty arbeitet mit Rainer Adelung (r.) und Leonard Siebert...
Abb.: Barnika Chakraborty arbeitet mit Rainer Adelung (r.) und Leonard Siebert (m.) in der Kieler Material­wissenschaft zu neuen Konzepten in der Sensorforschung. (Bild: J. Siekmann, U. Kiel)

Bei den meisten Gefahrenstoffen in der Innenraumluft handelt es sich um flüchtige organische Verbindungen (VOCs). Sie können zu gesund­heitlichen Schäden führen, lassen sich allerdings nur schwer nachweisen. Aktuell erhältliche Sensoren können zum Beispiel oft nicht zwischen einem VOC und einem Luft­erfrischer unterscheiden. Um die Schadstoffe gezielt und zuverlässig zu erfassen, setzt das Programm auf Sensoren mit porösen Materialien, wie zum Beispiel metall-organische Gerüste (MOFs) und Zeolithe. Ihre Hohlräume können nur bestimmte Moleküle aufnehmen. „Das funktioniert gewissermaßen nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip und lässt sich wie eine Art Filter für selektive Messungen anwenden, um gesuchte Stoffe sicher nachzu­weisen“, erklärt Norbert Stock von der Universität Kiel.

In seinem Teilprojekt will Stock MOFs basierend auf hochsensitiven Metalloxid­strukturen herstellen und arbeitet dafür eng mit Rainer Adelung und Leonard Siebert aus der Arbeitsgruppe Funktionale Nanomaterialien zusammen. Die speziellen Nano­strukturen werden in der Kieler Material­wissenschaft schon lange erforscht und hergestellt. Außerdem nutzen die Material­forschenden ihre langjährige Erfahrung im 3D-Druck, um im zweiten Kieler Teilprojekt Sensoren zu erstellen, die mehrere Schadstoffe detektieren. „Leistungsfähige Sensoren müssen vor allem sensitiv, selektiv und stabil sein, also auch geringe Mengen des gesuchten Stoffes langfristig zuver­lässig nachweisen“, sagt Leonard Siebert. „Mit unseren Materialien und 3D-Drucktechniken hoffen wir, gleich mehrere Faktoren zu verbessern.“

Das EU-Programm vereint Kompetenzen aus Chemie, Physik, Material­wissenschaft und Sensorik und steht Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der ganzen Welt offen. Es umfasst mehrmonatige Aufenthalte an einer weiteren Partneruniversität sowie in einem Unternehmen und gemeinsame Treffen des kompletten Netzwerks. Die Promovierenden sollen so die gesamte Wertschöpfungs­kette der Sensor­entwicklung kennenlernen und internationale Kontakte knüpfen. Am Ende erhalten sie einen gemeinsamen Abschluss ihrer beiden Partner­universitäten. „Ziel des Programms ist, talentierte Nachwuchs­forschende aus aller Welt zu gewinnen und für verschiedene Karriere­optionen weiterzu­qualifizieren. Gleichzeitig stärkt es inter­nationale Kooperationen und die Vernetzung zwischen Grundlagen- und anwendungs­naher Forschung sowie der Industrie“, sagt Rainer Adelung.

CAU Kiel / JOL

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