18.05.2022

Nanodraht als Einbahnstraße

Gleichrichtereffekt in Nanodraht aus topologischem Isolator.

Nanodrähte, die mehr als hundertmal dünner sind als ein menschliches Haar, können wie eine Einbahn­straße für Elektronen wirken, wenn sie aus einem besonderen Material bestehen, das als topologischer Isolator bezeichnet wird. Die Entdeckung ermöglicht neue technologische Anwendungen von Bau­elementen aus topologischen Isolatoren und ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu topologischen Quanten­bits. Von diesen erhofft man sich, dass sie Informationen für einen Quanten­computer robust kodieren können. Um dieses Ergebnis zu erzielen, haben die Forschungs­gruppen von Jelena Klinovaja und Daniel Loss an der Universität Basel eng mit Forschern um Yoichi Ando an der Universität Köln zusammen­gearbeitet.

 

Abb.: Das Anlegen eines Magnetfelds bewirkt, dass der Strom leichter in eine...
Abb.: Das Anlegen eines Magnetfelds bewirkt, dass der Strom leichter in eine Richtung entlang des Nano­drahts fließt als in die entgegen­gesetzte Richtung. (Bild: U. Basel)

Topologische Isolatoren sind Materialien, bei denen eine Kombination aus Quanten­mechanik und dem mathematischen Konzept der Topologie dazu führt, dass sie elektrischen Strom an der Oberfläche leiten, sich im Innern aber wie Isolatoren verhalten. Topologische Isolatoren gelten als vielversprechende Kandidaten für künftige Technologien und für Anwendungen im Quanten­computing.

Die Forscher konnten zeigen, dass unter den richtigen Umständen elektrische Ströme leichter in die eine als in die andere Richtung fließen können – ein Vorgang, der als Gleich­richtung bezeichnet wird. Die Gleich­richtung bietet ein breites Spektrum an Anwendungen und bildet die Grundlage der meisten drahtlosen Technologien.

Gleichrichter, die beispielsweise in Smartphones zu finden sind, bestehen heute aus Halbleiter­dioden. Im Unterschied dazu entsteht der Gleich­richter­effekt in den Nanodrähten aus topologischen Isolatoren durch quanten­mechanische Effekte und ist außerordentlich gut steuerbar.

„Quantenmechanische Gleichrichter­effekte entstehen für gewöhnlich durch eine Spin-Bahn-Kopplung, die eine Mischung aus Quanten­mechanik und Einsteins Relativitäts­theorie ist. Diese seltsame Mischung führt normalerweise nur zu winzigen Gleich­richter­effekten“, erklärt Erstautor Henry Legg, Georg-H.-Endress-Post­doktorand an der Universität Basel.

„Das Tolle an den Nanodrähten aus topologischen Isolatoren ist, dass wir im Wesentlichen die gleiche Physik künstlich erzeugen können, allerdings in einem viel größeren Maßstab“, ergänzt Legg. „Dies führt zu einem Gleich­richter­effekt, der im Vergleich zu anderen Materialien wirklich riesig ist. Das ist auch einer der Aspekte, die topologische Isolatoren für Anwendungen im Quanten­computing so interessant machen.“

Quantencomputer versprechen eine noch nie dagewesene Rechenleistung, sind aber sehr anfällig für kleinste Störungen. Ein Vorschlag, um die empfindlichen Einheiten der Quanten­information – die Qubits – zu schützen, sind topologische Qubits. Von ihnen wird erwartet, dass sie weitaus stabiler gegenüber äußeren Einflüssen sind. Dieser Schutz ergibt sich auch aus der Mathematik der Topologie, die den Eigenschaften der topologischen Isolatoren zugrunde liegt.

„Topologische Isolatoren gelten schon seit Langem als geeignete Kandidaten für topologische Quantencomputer“, erklärt Jelena Klinovaja, die vor kurzem einen ERC Consolidator Grant für ihre Forschung zu topologischer Quanten­materie erhalten hat. „Damit die Herstellung topologischer Qubits nun vorankommt, ist es entscheidend, dass wir Bauelemente aus topologischen Isolatoren genauestens kontrollieren können.“

„In unserer Studie haben wir nicht nur einen einzigartigen und sehr großen Quanten­effekt entdeckt, sondern wir zeigen auch, dass wir sehr gut verstehen, was in diesen Systemen passiert. Es scheint, dass alle Schlüsseleigenschaften von topologischen Isolatoren vorhanden sind, um auf dem Weg zur Herstellung von topologischen Qubits weiterzukommen“, kommentiert Klinovaja.

U. Basel / DE

 

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