03.06.2020 • OptikMesstechnik

Mit Streulicht zur perfekten Optik

Neue Messverfahren detektieren ungewollte Streulichtanteile.

Viele innovative Technologien nutzen als Grund­baustein ein optisches System – von der Halb­leiter­litho­graphie, um immer kleinere und energie­effi­zientere Chips zu entwickeln bis zur Grund­lagen­forschung im Bereich der Gravitations­wellen­detektion. Doch bereits kleinste Unvoll­kommen­heiten führen zu Streulicht und damit zu einem Kontrast­verlust und einer geringeren Licht­ausbeute. Ein optimiertes Design und eine lückenlose Über­prüfung der Ober­flächen von Optiken ist daher entscheidend für moderne Optik­systeme. Am Fraun­hofer-Institut für Optik und Fein­mechanik werden dafür Streu­licht­mess­verfahren entwickelt, die ungewollte Streu­licht­anteile detektieren können.

Abb.: Fertigungsbegleitende Rauheitscharakterisierung in einer...
Abb.: Fertigungsbegleitende Rauheitscharakterisierung in einer Diamantdrehmaschine mit einem Streulichtsensor. (Bild: Fh.-IOF)

Für die nötige hohe Abbildungs­qualität der Optiken ist ihre Ober­flächen­beschaffen­heit entscheidend, da keine Ober­fläche frei von Unvoll­kommen­heiten ist. Selbst Kristalle, die einem idealen Fest­körper­bild sehr nah kommen, weisen Stör­stellen auf. Um daher bereits beim Design einer Optik die richtigen Kompromisse zu finden, benötigt man detail­lierte Spezifi­ka­tionen – etwa welcher Grad nicht perfekter Stellen akzeptabel ist und wie diese Werte etwa durch eine notwendige Beschichtung beein­flusst werden.

Diese Daten liefert das Fraunhofer-IOF, das vielfältige Streu­licht­messs­ysteme und -sensoren sowie dazu­ge­hörige Analyse­methoden und Streu­licht­modelle entwickelt. Damit ist es möglich, mit einer virtuellen Beschichtung das Streulicht bereits vor der aktuellen Fertigung vorher­zusagen. Darüber hinaus können prozess­begleitend komplexe Optiken charakte­risiert werden – sprich, die Oberflächen können basierend auf ihren Design- und Konstruk­tions­daten­sätzen auto­ma­tisiert über­prüft und voll­flächig beurteilt werden.

„Das ermöglicht ein optimiertes Verhältnis von Herstellungs­aufwand und Nutzen“, erläutert Marcus Trost, Leiter der Charakte­ri­sierungs­gruppe am Fraun­hofer-IOF. „Das wird beispiels­weise bei Optiken für Satelliten deutlich. Hier besteht die Heraus­forderung, mehrere gleich­artige Optiken als Flug­modell, als Rückstell­baugruppe herzu­stellen, wobei man sich bei Anwendungen mit kurzen Wellen­längen an den Grenzen der technischen Fertigungs­möglich­keiten bewegt. Eine prozess­begleitende und aussage­kräftige Analyse, wie sie durch Streu­licht­messungen möglich ist, ist daher essenziell.“

Traditionell gemessen werden Ober­flächen­imperfek­tionen mittels Mikro­skopie, Inter­fero­metrie oder mit taktilen Verfahren, bei denen mit einer Diamant­nadel die Ober­fläche abge­tastet wird. Diese Verfahren sind aller­dings sehr aufwändig und zeitintensiv. Bei glatten Ober­flächen bietet die Streu­licht­mess­technik dagegen eine bereits bewährte Alternative aufgrund der hohen Sensiti­vität, schnellen und berührungs­losen Messwert­aufnahme und hohen Robust­heit – so ist sie gegen Vibrationen unempfind­lich. Um beispiels­weise die Ober­fläche eines Spiegels mit sechzig Zentimetern Durch­messer voll­flächig mit einem Raster­kraft­mikroskop zu über­prüfen, würde man mehr als vierzig Jahre benötigen. Mit Streu­licht­verfahren gelingt dies hingegen bereits in wenigen Stunden.

Die Methode ist daher passend für die sich stetig erhöhenden Anforderungen an optische Komponenten für Industrie und Forschung. Und sie ermöglicht, nicht nur hohe Ansprüche an Funktion und Qualität zu befriedigen, sondern auch Kosten und Fertigungs­zeiten zu optimieren. Das Know-how des Fraunhofer-IOF floss bereits in die Herstellung und Optimierung einiger Satelliten­optiken.

Durch die Vibrations­unempfind­lichkeit lässt sich diese Methode im Gegensatz zu den klassischen Mess­verfahren gut in den Produktions­prozess integrieren. Die Mess­systeme des Fraunhofer-IOF folgen damit auch den Kriterien des Fraunhofer-Leitprojekts „Hierar­chische Schwärme als auslastungs­optimierbare Produktions­architektur“, das neue techno­logische Konzepte für eine Produktion der Zukunft aufzeigen will – vor allem von der klassischen Bearbeitung eines Werkstücks in einer definierten Prozess­reihen­folge hin zur kollabo­ra­tiven und (teil)autonomen Produktion.

FG / RK

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