21.04.2022 • AstronomieAstrophysik

Mikronovae – eine neue Art von Sternexplosion

Magnetfelder begrenzen thermonukleare Reaktionen auf weißen Zwergen.

Mit Hilfe des Very Large Telescope der Europä­ischen Süd­stern­warte ESO haben Forscher eine neue Art von Stern­explosion beobachtet – eine Mikronova. Diese Ausbrüche ereignen sich auf der Oberfläche bestimmter Sterne und können in nur wenigen Stunden eine Menge an Stern­materie verbrennen, die der 3,5-milliarden­fachen Masse der Cheops-Pyramide entspricht. „Wir haben erstmalig ein Phänomen entdeckt und identi­fiziert, das wir als Mikronova bezeichnen“, erklärt Simone Scaringi, Astronom an der Durham University in Groß­britannien. „Dieses Ereignis stellt unser Verständnis davon in Frage, wie thermo­nukleare Explosionen in Sternen ablaufen. Bisher dachten wir, wir wüssten das, aber diese Entdeckung zeigt einen völlig neuen Mechanismus auf.“

Abb.: Künst­le­rische Dar­stel­lung einer Mikro­nova. (Bild: M....
Abb.: Künst­le­rische Dar­stel­lung einer Mikro­nova. (Bild: M. Korn­messer, L. Calçada, ESO)

Mikronovae sind weniger energie­reich als die als Novae. Beide Arten von Explosionen ereignen sich auf weißen Zwergen, Sternen mit einer Masse, die etwa der unserer Sonne entspricht, die aber so klein wie die Erde sind. Ein weißer Zwerg in einem Doppel­stern­system kann seinem Begleit­stern Material, vor allem Wasserstoff, entreißen. Wenn dieses Gas auf die sehr heiße Oberfläche des weißen Zwergsterns fällt, werden die Wasserstoff­atome explosions­artig zu Helium fusioniert. Bei Novae finden diese thermo­nuklearen Explosionen auf der gesamten Stern­ober­fläche statt. „Solche Detonationen lassen die gesamte Oberfläche des weißen Zwergs brennen und mehrere Wochen lang hell leuchten“, erklärt Nathalie Degenaar von der Universität Amsterdam.

Mikronovae sind ähnliche Explosionen, die kleiner und schneller sind und nur einige Stunden dauern. Sie treten bei einigen weißen Zwergen mit starken Magnet­feldern auf, die Material in Richtung der magnetischen Pole des Sterns schleudern. „Wir haben jetzt zum ersten Mal gesehen, dass die Wasser­stoff­fusion auch lokal begrenzt statt­finden kann. An der Basis der Magnetpole einiger weißer Zwerge kann der Wasser­stoff­brenn­stoff fest­ge­halten werden, so dass die Fusion nur an diesen Magnet­polen statt­findet“, sagt Paul Groot von der Radboud Universität in den Nieder­landen. „Das führt dazu, dass Mikro­fusions­bomben gezündet werden, die etwa ein Millionstel der Stärke einer Nova­explosion haben, daher der Name Mikronova.“

Das Team stieß zum ersten Mal auf diese mysteriösen Mikro­explosionen, als es die Daten des Transiting Exoplanet Survey Satellite der NASA analysierte. „Bei der Durchsicht der von TESS gesammelten astro­no­mischen Daten entdeckten wir etwas Ungewöhn­liches: einen hellen optischen Lichtblitz, der einige Stunden anhielt. Bei der weiteren Suche fanden wir mehrere ähnliche Signale“, sagt Degenaar. Das Team beobachtete mit TESS drei Mikronovae. Zwei davon stammten von bekannten weißen Zwergen, aber der dritte erforderte weitere Beobach­tungen mit dem X-Shooter-Instrument am VLT der ESO, um seinen Status als weißer Zwerg zu bestätigen. „Diese Beobachtung war entscheidend für die Inter­pretation unserer Ergebnisse und für die Entdeckung der Mikronovae“, so Scaringi.

Die Entdeckung der Mikronovae erweitert das Repertoire der bekannten Stern­explosionen. Das Team möchte nun weitere dieser schwer zugäng­lichen Ereignisse erfassen, was groß angelegte Durch­muste­rungen und schnelle Folge­messungen erfordert. „Die schnelle Reaktion von Teleskopen wie dem VLT oder dem New Technology Telescope der ESO und die Vielzahl der verfügbaren Instrumente werden es uns ermöglichen, diese mysteriösen Mikronovae im Detail zu entschlüsseln“, sagt Scaringi.

ESO / MPIA / RK

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