03.11.2022

Metamaterial als Frequenz-Booster

Effiziente Erzeugung von Terahertz-Strahlung durch Frequenzumwandlung.

in internationales Forschungsteam mit Beteiligung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR), des Kata­lanischen Instituts für Nano­wissenschaften und Nano­technologie und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat einen Weg gefunden, Terahertz-Strahlung durch Frequenz­umwandlung mit deutlich höherer Effizienz zu erzeugen als mit bisherigen Technologien. Ein speziell konstruiertes Quanten­materialsystem dient dabei als hocheffizienter Frequenz­vervielfacher. Mögliche Anwendungen reichen bis hin zum Mobilfunk der 6. Generation (6G).

Metamaterial als Frequenz-Booster

Terahertz-Wellen könnten bald opto­elektronische Anwendungen beschleunigen und in der Kommunikation heutige Gigahertz-Techno­logien ablösen. Mit tausendfach höheren Taktraten erlaubt der Terahertz-Bereich einen extrem schnellen Datentransfer und könnte eine Basis für 6G-Mobil­funknetze bieten. Bis dahin sind jedoch noch technologische Hürden zu überwinden. Der Terahertz-Bereich ist noch nicht ausreichend erforscht: Passende Bauteile fehlen; viele Systeme lassen sich in ihrer jetzigen Form nur in speziellen Laboren und in Kombination mit Hochleistungs­lasern nutzen. Die Forscher suchen daher nach praxisnäheren Lösungen.

„Terahertz-Anregungen sind genau der Grenzbereich ultraschneller Elektronik, in dem viele noch wenig erforschte Quanten­phänomene relevant werden. Für neue opto­elektronische Bauteile müssen wir erst herausfinden, welche Materialien und Methoden sich überhaupt eignen“, erläutert Sergey Kovalev, Gruppenleiter an der Terahertz-Quelle TELBE am Institut für Strahlen­physik des HZDR. Die TELBE-Quelle ist speziell dafür ausgelegt, neue Materialien und ihre Wechsel­wirkungen mit intensiven Terahertz-Pulsen zu erforschen.

Besonders vielversprechend sind bestimmte Quantenmaterialien, die als Frequenz-Booster eingesetzt werden könnten, um elektronisch erzeugte Gigahertz-Strahlung in den benachbarten Terahertz-Bereich zu konvertieren. Möglich macht dies eine hoch­effiziente, nichtlineare Wechsel­wirkung zwischen Licht und Materie: Das starke elektrische Feld des intensiven Gigahertz-Pulses beschleunigt die freien Elektronen im Material, die dadurch ihrer­seits Lichtpulse bei höheren Frequenzen aussenden. Das Problem bisher: Bei sehr intensiver Bestrahlung ging in den Materialien fast die gesamte Leistung im Boost-Prozess verloren.

Mit einem neuen Materialsystem gelang es dem Forschungs­team nun, einen signifikanten Anteil der intensiven Gigahertz-Strahlung – die eintreffende Strahlung hatte eine Frequenz von 500 Gigahertz – in den Terahertz-Bereich umzuwandeln. Dafür kombinierten sie einen topologischen Isolator mit einer zusätzlichen Gold­lamellen-Beschichtung zu einem Metamaterial, einem gezielt strukturierten Werkstoff, der sich durch besondere optische, elektrische oder magnetische Eigen­schaften auszeichnet. Dadurch erreichten sie eine Umwandlungs­effizienz von fast zehn Prozent der elektrischen Feldstärke anstelle von zuvor rund einem Prozent.

„Begonnen haben wir ursprünglich mit Graphen, weil es eine besondere elek­tronische Struktur hat, in der man Elektronen sehr effizient beschleunigen kann. Wir haben aber gesehen, dass Graphen bei hohen Intensitäten an eine Grenze stößt“, sagt Jan-Christoph Deinert, mitverantwortlich für die Terahertz-Quelle TELBE. Das ultradünne Graphen besteht aus einer einzelnen Lage Kohlen­stoffatome. Trifft ein Giga- oder Terahertz-Puls auf das Material, heizt sich das Elektronensystem sofort auf mehrere tausend Grad Celsius auf. In diesem heißen Zustand wird Graphen aber transparent für die eintreffende Strahlung. Um wieder wechsel­wirken und Signale umwandeln zu können, muss das Material abkühlen – und zwar innerhalb etwa eines Billionstels einer Sekunde, der Schwingungsdauer des Terahertz-Feldes. Sonst geht in der Zwischenzeit Signal verloren. 

Weil die heißen Elektronen in Graphen zu wenige Möglich­keiten haben, ihre überschüssige Wärme abzugeben, erprobten die Forscher als nächstes den proto­typischen topo­logischen Isolator Bismutselenid. Topologische Isolatoren wirken im Inneren isolierend, während sich Elektronen auf der Oberfläche frei bewegen und Strom leiten können. Ähnlich wie in dem ultradünnen Graphen findet die elek­tronische Signal­umwandlung daher in zwei Dimensionen, ausschließlich an der Oberfläche, statt. Anders als bei Graphen kann Wärme aber über die Wechsel­wirkung mit Elektronen im Inneren sehr schnell abgeführt werden. Das Resultat: schnelle 3D-Kühlung statt 2D-Hitzestau.

„Das System ist selbst bei Raum­temperatur außer­ordentlich effizient. Und wir haben die Grenze noch nicht erreicht: Vermutlich können wir die Leistung für höhere Intensitäten sogar noch weiter steigern“, schätzt Georgy Astakhov ein, Leiter der Abteilung Quanten­materialien und -technologie. Für die hohen Strahlungs-Intensitäten auf der Probe sorgen Goldlamellen, die auf die topo­logischen Isolatoren aufgedampft werden. Wie kleine Antennen erzeugen sie starke lokale Felder. „Diesen Ansatz hatten wir bereits an Graphen erprobt. Jetzt kombinieren wir die Antennen­strukturen mit topologischen Isolatoren. Es ist wie eine Art Material-Lego“, sagt Klaas-Jan Tielrooij, dessen Team in Barcelona die Goldlamellen aufbringt. Die topo­logischen Isolatoren werden in speziellen Laboren in Würzburg gezüchtet – im Rahmen einer Kollaboration mit dem Exzellenzcluster ct.qmat zur Erforschung neuer Materialien und exotischer Quanten­phänomene.

Als nächstes wollen die Forscher den neu konstruierten Meta­material-Prototypen weiter optimieren: Sie wollen besser verstehen, welche Parameter ausschlag­gebend sind, etwa bis zu welcher Strahlungs­intensität der Prozess funktioniert oder ob sich Graphen und topo­logische Isolatoren funktionell kombinieren lassen. Vor allem wollen sie das System in Hinblick auf mögliche Anwendungen weiter verbessern und rea­listische Konditionen erproben, um es eines Tages in Miniaturform auf einen Chip zu bringen.

HZDR / JOL

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