Mechanischen Vibrationen befreien gefangene Atome

Wichtiger Schritt zur Nutzung nanooptischer Fallen gelungen.

Nanooptische Fallen sind ein vielversprechender Baustein für Quanten­techno­logien. Forscher aus Österreich und Deutschland haben jetzt ein wichtiges Hindernis für deren praktischen Einsatz aus dem Weg geräumt. Sie konnten zeigen, dass eine besondere Form von mechanischen Vibrationen gefangene Teilchen in kürzester Zeit aufheizt und aus der Falle stößt.

Abb.: Entlang einer sehr dünnen Glasfaser lassen sich mit Laserlicht einzelne...
Abb.: Entlang einer sehr dünnen Glasfaser lassen sich mit Laserlicht einzelne Atome fangen. (Bild: M. L. Juan, IQUQI)

Mit der Kontrolle einzelner Atome können Quanten­eigen­schaften erforscht und für techno­logische Anwendungen nutzbar gemacht werden. Seit etwa zehn Jahren arbeiten Wissen­schaftler an nano­optische Fallen, mit der Atome eingefangen und kontrol­liert werden können. Das von optischen Pinzetten bekannte Prinzip, mit Licht mikro­skopische Objekte einzufangen, wird dafür auf Licht­wellen­leiter, hier eine spezielle Glas­faser, angewendet. Die Glas­faser darf dafür nur wenige Hundert Nanometer dünn sein. In die Glas­faser wird Laser­licht unter­schied­licher Frequenz geschickt, wodurch rund um den Wellen­leiter ein Licht­feld entsteht, das einzelne Atome festhalten kann.

Bisher war die Anwendbarkeit dieser Methode aller­dings dadurch einge­schränkt, dass die Atome sich nach sehr kurzer Zeit stark erhitzt haben und verloren gegangen sind. Die Aufheiz­rate war um drei Größen­ordnungen stärker als bei optischen Pinzetten, bei welchen das Lichtfeld im freien Raum erzeugt wird. Trotz intensiver Suche konnte die Ursache dafür bisher nicht ermittelt werden. Jetzt haben Daniel Hümmer und Oriol Romero-Isart vom Institut für Quanten­optik und Quanten­information der Öster­reichischen Akademie der Wissen­schaften und der Uni Innsbruck in Zusammen­arbeit mit Philipp Schnee­weiss und Arno Rauschen­beutel von der HU Berlin das System grund­legend analysiert. Mit ihrem theoretischen Modell konnten sie zeigen, dass eine bestimmte Form von mechanischen Vibrationen der Glasfaser für die starke Erhitzung der Teilchen verant­wort­lich ist.

„Es handelt sich hier um Schwingungen, wie sie entstehen, wenn man in ein Seil Wellen schlägt“, erklärt Hümmer. „Diese Vibrationen heizen die Teilchen, die nur etwa zweihundert Nanometer über der Oberfläche des Wellen­leiters schweben, sehr rasch auf.“ Die theoretisch ermittelte Aufheiz­rate stimmt sehr gut mit den experi­men­tellen Ergebnissen überein. Diese Erkenntnis hat wichtige Konsequenzen für Anwendungen: Einerseits kann die Methode mit einfachen Gegen­maß­nahmen deutlich verbessert werden. Längere Kohärenz­zeiten erlauben dann komplexere Experimente und Anwendungen. Anderer­seits vermuten die Forscher, dass ihre Erkenntnis auch für viele ähnliche nano­photonische Fallen hilfreich sein könnte.

Das von ihnen veröffentliche theoretische Modell liefert wesentliche Richt­linien für das Design solcher Atom­fallen. „Bei der Herstellung dieser Fallen darf nicht nur auf die optischen Eigen­schaften geachtet werden, auch die mechanischen Eigen­schaften müssen berück­sichtigt werden“, betont Romero-Isart. „Unsere Berechnungen geben hier wichtige Hinweise, welche mechanischen Effekte am relevantesten sind.“ Da bei nano­optischen Fallen die Stärke der Wechsel­wirkung zwischen einzelnen Atomen und Photonen besonders hoch ist – ein Problem, mit dem viele andere Konzepte kämpfen –, öffnet diese Techno­logie das Tor in einen neuen Bereich der Physik. In den vergangenen Jahren wurden bereits viele theoretische Über­legungen dazu angestellt. Das Team nun ein großes Hindernis auf dem Weg dorthin beiseite geräumt.

IQOQI / RK

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