Magnetisches Tuning auf der Nanoskala

Manipulation von Materialeigenschaften mittels Helium-Ionen-Mikroskop.

Magnetische Nanostrukturen maßgeschneidert herzustellen und nanomagnetische Material­eigenschaften gezielt zu beeinflussen, daran arbeiten Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf gemeinsam mit Kollegen des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoff­forschung Dresden und der Universität Glasgow. Zum Einsatz kommt ein spezielles Mikroskop am Ionenstrahl­zentrum des HZDR, dessen hauchdünner Strahl aus schnellen Ionen periodisch angeordnete und stabile Nanomagnete in einem Proben­material erzeugen kann. Es dient aber auch dazu, die magnetischen Eigen­schaften von Kohlenstoff-Nanoröhrchen zu optimieren.

Abb.: Der Ionenstrahl aus dem Helium-Ionen-Mikroskop des HZDR fungiert wie ein...
Abb.: Der Ionenstrahl aus dem Helium-Ionen-Mikroskop des HZDR fungiert wie ein magnetischer Stift. Hier erzeugt er nanomagnetische Strukturen in Form einer Spirale. (Bild: HZDR / Sahneweiß / Freepik)

„Materialien im Nanometerbereich magnetisch zu tunen birgt ein großes Potenzial für die Herstellung modernster elektronischer Bauteile. Für unsere magnetischen Nanostrukturen verfolgen wir verschiedenste Ansätze, setzen dabei aber immer Ionenstrahlen ein“, erläutern Rantej Bali, Kilian Lenz und Gregor Hlawacek vom HZDR. Richtet man einen Ionenstrahl auf eine nicht-ferromagnetische Eisen-Aluminium-Legierung, dann versetzt dieser wenige hundert Atome in Unordnung. Bei der anschließenden Neuausrichtung der Atome in der Legierung erhöht sich die Zahl benachbarter magnetischer Eisen-Atome in unmittelbarer Nähe des Aufprallorts des Ionenstrahls stark – so stark, dass sich Ferromagnetismus im Material ausbilden kann. Auf diese Weise gelang es beispielsweise, in eine dünne Schicht eines ursprünglich nicht-ferromagnetischen Materials Nanomagnete in Punktform einzugravieren.

Aktuell haben die Wissenschaftler des HZDR gezeigt, dass die durch einen Ionenstrahl ausgelöste Unordnung auch das Volumen der zugrunde­liegenden Gitter­struktur vergrößert. Allerdings nicht gleichmäßig in alle Richtungen des Raums. Zur erwarteten Magnetisierung in Längsrichtung – die man sich ähnlich wie bei einem herkömmlichen Stabmagneten vorstellen kann –, kommen Anteile einer Quermagnetisierung hinzu, die von den beobachteten Gitterstörungen hervorgerufen werden. Durch die Überlagerung beider Effekte verdrehen beziehungsweise verkrümmen sich die durch den Ionenstrahl erzeugten magnetischen Areale. Diese stabilen, periodisch auftretenden magnetischen Domänen lassen sich zu flexiblen gekrümmten Formen anordnen, die zum Beispiel in miniaturisierten Magnet­sensoren zur Anwendung kommen könnten.

Im Helium-Ionen-Mikroskop des HZDR nutzen die Wissenschaftler Edelgase, um extrem dünne und damit sehr präzise Ionenstrahlen zu erzeugen. „Unser Ionenstrahl ist im Durchmesser nur einige wenige Atome breit,“ erklärt Gregor Hlawacek, der die Experimente am Helium-Ionen-Mikroskop koordiniert. „Je nach verwendetem Edelgas können wir so die Eigenschaften des bestrahlten Materials modifizieren oder seine Morphologie durch den Abtrag von Atomen verändern“. Das Arbeiten am Helium-Ionen-Mikroskop ist dabei nicht auf Helium beschränkt. Bei den aktuellen Experimenten kam Neon zum Einsatz, das schwerer als Helium ist und deshalb eine stärkere Stoßwirkung auf das zu modifizierende Material ausübt. Die Forscher konnten zudem im Rahmen einer Kooperation mit der Uni Glasgow auf ein Transmissions-Elektronen­mikroskop zurück­greifen.

In Experimenten von Rantej Bali und seinen Kollegen dient der aus Neon-Ionen erzeugte Ionenstrahl als Punktquelle hoher Energie. „Der Ionenstrahl ermöglicht die Herstellung von magnetischen Nanostrukturen beliebiger Form, die in das Material eingebettet und allein durch ihre magnetischen und kristallo­grafischen Eigenschaften definiert sind“, fasst Bali die Ergebnisse seiner bisherigen Forschung zusammen.

Kilian Lenz wiederum nutzt das Verfahren der fokussierten Ionenstrahl-Manipulation, um gewünschte Material­eigen­schaften über Geometrie­änderungen der Nanostruktur zu optimieren. Dabei hat der Neon-Ionenstrahl einen Durchmesser von gerade einmal zwei Nanometern. Dort, wo er auftrifft, werden Material­unebenheiten oder einfach nur Material­ränder in gleicher Größenordnung abgetragen. „Wir untersuchen das anhand von Kohlenstoff-Nanoröhrchen, die über einen nahezu zylindrischen magnetischen Eisenkern verfügen und deren Struktur und Geometrie im Helium-Ionen-Mikroskop per Zuschnitt optimiert werden,“ beschreibt Lenz den Prozess.

Mithilfe eines Mikro-Manipulators wird jeweils nur ein einzelnes dieser Röhrchen mit siebzig Nanometern im Durchmesser und einer Länge von zehn Mikrometern separiert und innerhalb eines Mikroresonators für die Messungen platziert. „Es ist ein extrem aufwändiges Verfahren, das ein Team des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoff­forschung Dresden für uns entwickelt hat“, erläutert Lenz. Durch die einzigartige Kombination von Schnitten mit dem fokussierten Ionenstrahl und Messungen der ferromagnetischen Resonanz des Eisenkerns können die Forscher um Lenz magnetische Strukturen und Eigenschaften des Eisenkerns im Nanoröhrchen aufklären und perfektionieren.

Die Wissenschaftler sehen in ihrer Methodik und den dabei entstehenden maßgeschneiderten Materialien das Potenzial für Fortschritte bei Spintronik-Anwendungen und in der Fertigung von neuartigen Sensoren oder Speichermedien.

HZDR / RK

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