03.02.2021

Lautsprecher aus Papier

Druckverfahren integrieren piezoelektrische Polymerschichten in Papier.

Viele Lautsprecher der Zukunft werden, wenn es nach dem Institut für Print- und Medien­technik der Technischen Universität Chemnitz geht, nicht nur dünn wie Papier sein, sondern es auch eindrucksvoll zum Klingen bringen. In den Labors der Chemnitzer Forscher ist dies Realität, denn sie entwickelten bereits 2015 das mehrfach ausgezeichnete „T-Book“ – einen groß­formatigen Bildband, ausgestattet mit gedruckter Elektronik. Blättert man eine Seite um, dann beginnt diese durch einen unsichtbar im Inneren des Blatt Papiers befindlichen Lautsprecher zu tönen. „Das T-Book war und ist ein Meilenstein in der Entwicklung gedruckter Elektronik, doch die Entwicklung geht kontinuierlich weiter“, meint Arved C. Hübler, unter dessen Leitung dieser weltweit zunehmend an Bedeutung gewinnende Technologie­trend bereits seit mehr als 20 Jahren vorangetrieben wird.

Die klangvollen Papier­lautsprecher wurden vor fünf Jahren noch in einer halb­automatischen Einzel­bogenfertigung hergestellt. Dabei werden ganz normales Papier oder Folien mit zwei Schichten eines leitfähigen organischen Polymers als Elektroden bedruckt. Dazwischen kommt eine piezo­elektrische Schicht als aktives Element, was das Papier oder die Folie in Schwingungen versetzt. Laut und deutlich wird durch die Luft­verdrängung der Sound erzeugt. Die beiden Seiten des Lautsprecher­papiers lassen sich farbig bedrucken. Da dies nur in einzelnen Bögen in begrenzten Formaten möglich war, ist die Effizienz dieses relativ langsamen Herstellungsverfahrens sehr gering. Deshalb suchten die Forscher des Instituts für Print- und Medien­technik seit Mai 2017 einen neuen Weg – hin zur kostengünstigen Massenproduktion.

Ziel ihres jüngsten Projektes „Rollen­gedrucktes Laut­sprecherpapier“ – T-Paper – war es deshalb, die Bogenherstellung in eine Rollen­fertigung zu überführen. „Forscherinnen und Forscher aus den Bereichen Print­medientechnik, Chemie, Physik, Akustik, Elektrotechnik und Wirtschaft, die aus sechs Nationen stammen, entwickelten eine konti­nuierliche, hoch­produktive und sichere Rollen­produktion von Lautsprecherbahnen“, sagt Projektleiter Georg C. Schmidt. Man habe dafür nicht nur das Rolle-zu-Rolle-Druck­verfahren genutzt, sondern auch für weitere Prozessschritte Inline-Technologien entwickelt, etwa die Laminierung funktionaler Schichten. „So kann Elektronik in das Papier eingebettet werden – unsichtbar und geschützt“, sagt Hübler. Zudem sei erstmalig eine Inline-Polarisation der piezoe­lektrischen Polymer­schichten gelungen und eine komplette Inline-Prozess­überwachung der gedruckten Funktions­schichten möglich. 

Das Potenzial des Lautsprecher­papiers wurde im T-Paper-Projekt auf weitere Anwendungs­bereiche ausgeweitet. So können nun meterlange Lautsprecher-Installa­tionen in Bahnform oder als Kreis („T-RING“) gefertigt werden. „Bei unserem T-RING-Prototyp wurden eine knapp vier Meter lange Bahn mit 56 Einzellautsprechern zu sieben Segmenten verbunden und zum Kreis geformt, was eine 360° Surround-Sound-Instal­lation möglich macht“, sagt Schmidt. Die Lautsprecher­bahn inklusive gedruckter Verschaltung wiegt nur 150 Gramm und besteht zu neunzig Prozent aus konventionellem Papier, das beidseitig farbig bedruckt werden kann. „So sind nun günstige Info­tainment-Lösungen etwa in Museen, auf Messen und in der Werbebranche möglich. In öffent­lichen Gebäuden ist beispiels­weise eine sehr homogene Beschallung langer Strecken wie Korridore möglich. Aber auch die Prozesstechnik selbst könnte für andere Bereiche interessant werden, zum Beispiel zur Fertigung von Inline-Mess­systemen für Industrie 4.0“, blickt der Projektleiter in die Zukunft.

TU Chemnitz / JOL

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