06.01.2022

Langlebige Perowskit-Solarzelle

Neue Solarzelle besticht durch außergewöhnliche Haltbarkeit.

Perowskite sind die Hoffnungsträger schlechthin für die Solarmodule der Zukunft. Als größte Hürde für den praktischen Einsatz galt bislang die kurze Lebensdauer, doch dies könnte sich bald ändern. Nun haben Forscher des Helmholtz-Instituts Erlangen-Nürnberg des Forschungs­zentrums Jülich eine Variante vorgestellt, die durch ihre besondere Stabilität hervorsticht. In Tests bei erhöhter Temperatur und Beleuchtung über 1450 Betriebsstunden behielt die Zelle auf Perowskit­basis 99 Prozent ihres anfänglichen Wirkungsgrads bei.

Abb.: Yicheng Zhao mit Perowskit-Solarzellen- und Dünn­schicht-Proben vor...
Abb.: Yicheng Zhao mit Perowskit-Solarzellen- und Dünn­schicht-Proben vor einer Hoch­durch­satz­anlage des Helmholtz-Instituts Erlangen-Nürnberg (Bild: K. Fuchs / HI ERN)

Kennzeichnend für Perowskite ist eine bestimmte Kristall­struktur. Vielzählige Material­kombinationen aus unterschiedlichen Atomen und Molekülen sind möglich, die teils ferro­elektrische, supraleitende oder photovoltaische Eigenschaften aufweisen. Obwohl bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert bekannt, wurde die Material­klasse erst vor kurzer Zeit für die Photo­voltaik entdeckt. Gerade einmal zehn Jahre Forschung waren nötig, um den Wirkungsgrad in beispiel­loser Geschwindigkeit auf das Niveau konventioneller Silizium-Solarzellen anzuheben.

Gegenüber Siliziumkristallen weisen Perowskite mehrere entscheidende Vorteile auf: Sie lassen sich einfach, kostengünstig und energiesparend herstellen. Die nur wenige hundert Nanometer dünnen Schichten der Perowskit-Zellen lassen sich zudem hervorragend auf herkömmlichen Siliziumzellen aufbringen. Während die Technologie auf Silizium­basis bereits als ausgereift gilt, bieten solche „Tandem­solarzellen“ neue Möglichkeiten, die Effizienz von Solarzellen weiter zu verbessern.

„Die Achillesferse der Perowskit-Solarzellen ist ihre geringe Haltbarkeit“, erklärt Christoph Brabec vom Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg (HI ERN) des Forschungszentrum Jülich. „Klassische Silizium-Module sind recht langlebig. Selbst nach mehr als zwanzig Jahren im praktischen Einsatz büßen sie nur wenig von ihrer Leistungsfähigkeit ein.“ Solarzellen aus Perowskit verlieren dagegen meist schon nach wenigen Tagen oder Wochen an Effizienz. Früheren Modellen konnte man beim Altern regelrecht zuschauen: Der Wirkungsgrad sank innerhalb von Sekunden oder Minuten nach dem Anschalten der Beleuchtung im Labor.

„Die Solarzelle, die wir nun in Nature Energy vorgestellt haben, besticht dagegen durch ihre außergewöhnliche Stabilität. Die Werte gehören sicher zu den besten, die jemals für eine planare Perowskit-Solarzelle in einem Langzeittest gemessen wurden“, so Brabec. 1450 Stunden musste die beleuchtete Zelle bei erhöhten Temperaturen um die 65 Grad Celsius im Labor überstehen und blieb über den gesamten Test­zeitraum hinweg weitgehend stabil. Am Ende hatte sie immer noch 99 Prozent des anfänglichen Wirkungsgrads. „Eine Langzeitprognose ist immer schwierig. Aber die Perowskit-Solarzelle, die wir jetzt entwickelt haben, könnte unter normalen Umständen sicherlich schon über 20.000 Betriebs­stunden betrieben werden“, schätzt Brabec.

Das Ergebnis ist kein Zufallstreffer. Auf der Suche nach dem passenden Material hatten die Forscher hunderte verschiedene Perowskit-Mischungen mittels Hoch­durchsatz­methoden systematisch auf ihre Eignung hin überprüft. Die besten nutzten die Forscher anschließend für den Bau ihrer Zelle. „Selbst wenn man nur auf bewährte Komponenten setzt, kommt man auf ungeheure Anzahl an möglichen Zusammen­setzungen, die wir mit unseren Verfahren automatisiert herstellen und prüfen können. In anderen Untersuchungen sind es teilweise sogar noch deutlich mehr“, erläutert Yicheng Zhao, der die Untersuchungen maßgeblich durchgeführt hat. „Daher müssen wir systematisch vorgehen, um die besten Material­kombinationen zu identifizieren“.

Ein weiterer wichtiger Schritt zur Optimierung betrifft die stabile Kontaktierung des Perowskits innerhalb der in mehreren dünnen Schichten aufgebauten Zelle. Die üblicherweise als Kontakte genutzten ionischen Dotierstoffe oder metall­oxidischen Nanopartikel neigen bei höheren Temperaturen zu Sekundär­reaktionen. Diese können sogar bis zur Korrosion der Metall­elektroden führen, wie die Forscher des HI ERN durch Messungen und raster­elektronen­mikroskopische Untersuchungen nachweisen konnten. Kontakt und elektrische Leit­fähigkeit verschlechtern sich so schon frühzeitig.

„Um die Stabilität an der Kontaktstelle zu verbessern, haben wir die gesamte Elektrode in eine Art Schutzhülle gepackt“, so Zhao. Eine neue Doppel­schicht-Polymer-Struktur, deren Unterseite undotiert und deren Oberseite mit einem nicht-ionischen Dotanden dotiert ist, schützt vor Zersetzung und sorgt dafür, dass die Kontaktierung erhalten bleibt. Diese Architektur beschützt auf der einen Seite die sehr sensible Grenzfläche zum Perowskite und zeigt auf der anderen Seite eine außerordentlich stabile Leitfähigkeit, auch bei erhöhten Temperaturen.

Für die Zukunft streben die Forscher des HI ERN nun weitere Effizienz­verbesserungen an. „Mit einem Wirkungsgrad von 20,9 Prozent reizt die getestet Zelle das Potenzial noch nicht voll aus. 24 bis 25 Prozent sollten in der nahen Zukunft möglich sein“, erklärt Yicheng Zhao.

FZJ / DE

 

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