18.08.2021 • MagnetismusPhotonik

Kopplung magnetischer Wellen über Domänenwände

Auf dem Weg zu schnelleren und effizienteren Datenspeichern.

Wie verhalten und verbreiten sich magnetische Wellen in Anti­ferro­magneten, Materialien, die als Kandidaten für den Daten­speicher der Zukunft gehandelt werden? Und welche Rolle spielen dabei Domänen­wände? Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine inter­natio­nales Forschungs­team unter Leitung von Davide Bossini von der Uni Konstanz. Die Forscher unter­suchen magnetische Phänomene in Anti­ferro­magneten, die mit extrem kurzen Laser­pulsen im Femto­sekunden­bereich ausgelöst werden können und mit deren Hilfe man den Materialien in Zukunft neue Funktionen für die Anwendung als energie­effiziente und ultra­schnelle Daten­speicher verleihen könnte.

Abb.: Durch Laser­pulse im Femto­sekunden­bereich können in einer...
Abb.: Durch Laser­pulse im Femto­sekunden­bereich können in einer anti­ferro­magne­tischen Domäne kohä­rente Spin­wellen an­ge­regt werden (oben). Über die Domänen­wände sind die magne­tischen Wellen be­nach­barter Domänen auf der ultra­schnellen Zeit­skala mit­ein­ander ge­kop­pelt (unten; Bild: D. Bossini, U. Konstanz)

In ferro­magnetischen Materialien entsteht durch die gleich­gerichtete Anordnung der magnetischen Momente benach­barter Atome eine magnetische Polari­sation. Bei Anti­ferro­magneten hingegen wechselt die Ausrichtung der magnetischen Momente zwischen benach­barten Atomen, sodass diese sich in Ihrer Wirkung gegen­seitig aufheben. Anti­ferro­magnete besitzen daher keine Netto-Magneti­sierung.

In ihrem Inneren unter­teilen sich anti­ferro­magnetische Körper in Domänen, die sich in der jeweiligen Orientierung der entgegen­gesetzt angeordneten magnetischen Momente unter­scheiden. An ihren Grenz­flächen sind diese Domänen durch Übergangs­bereiche von­ein­ander getrennt, die als „Domänen­wände“ bezeichnet werden. „Obwohl diese Übergänge in Anti­ferro­magneten all­gegen­wärtig sind, war bisher wenig über den Einfluss der Domänen­wände auf die magnetischen Eigen­schaften von Anti­ferro­magneten bekannt, insbesondere bei der Betrachtung sehr kurzer Zeitskalen“, so Bossini.

Er und sein Team haben unter­sucht, was passiert, wenn Anti­ferro­magnete – in diesem Fall Nickel­oxid-Kristalle – mit ultra­kurzen Laser­pulsen im Femto­sekunden­bereich angeregt werden. Die Wissen­schaftler konnten zeigen, dass Domänen­wände eine aktive Rolle für die dynamischen Eigen­schaften des Anti­ferro­magneten spielen. Insbesondere ergaben die Versuche, dass magnetische Wellen mit unter­schied­lichen Frequenzen im Material induziert, verstärkt und sogar über Domänen­grenzen hinweg mit­ein­ander gekoppelt werden können.

Das ist ausschließlich in der Anwesen­heit von Domänen­wänden möglich. „Unsere Beob­ach­tungen zeigen, wie die Allgegen­wärtig­keit von Domänen­wänden in Anti­ferro­magneten poten­ziell ausgenutzt werden könnte, um das Material mit neuen Funktionen auf der ultra­schnellen Zeitskala aus­zu­statten“, erklärt Bossini. Die Kopplung verschiedener magnetischer Wellen über die Domänen­wände zeigt eine Möglich­keit auf, die zeitliche und räumliche Ausbreitung magnetischer Wellen sowie den Energie­transfer zwischen einzelnen Wellen im Material aktiv zu kontrol­lieren – und das im Femto­sekunden­bereich. Beides sind Voraus­setzungen für die Verwendung der Materialien für die ultra­schnelle Verarbeitung und Speicherung von Daten.

Im Vergleich zu herkömmlichen Speicher­techno­logien wären derartige auf Anti­ferro­magneten basierende Technologien um einige Größen­ordnungen schneller und energie­effizienter. Sie könnten Daten in höherer Dichte speichern und verarbeiten. Durch das Fehlen einer Netto-Magneti­sierung wären die Daten außerdem besser durch Störungen und Mani­pu­lation von außen geschützt. „Zukünftige Technologien, die auf Anti­ferro­magneten basieren, würden also alle Anforderungen erfüllen, die an die nächste Generation von Daten­speichern gestellt werden. Sie hätten so das Potenzial, den steigenden Bedarf an Speicher­platz und Daten­ver­arbei­tungs­kapazitäten zu decken“, fasst Bossini zusammen.

U. Konstanz / RK

Weitere Infos

 

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Jobbörse

Physik Jobbörse in Freiburg und Berlin
Eine Kooperation von Wiley und der DPG

Physik Jobbörse in Freiburg und Berlin

Freiburg, 13.-14.03.2024, Berlin, 19.-21.03.2024
Die Präsentationen dauern jeweils eine Stunde, am Ende der Veranstaltung ist Zeit für Q&A eingeplant.

Meist gelesen

Themen