27.06.2022

Klimaschonendes Aluminium

Reiner Sauerstoff als Nebenprodukt beim Verhüttungsprozess.

Bei der Aluminium­produktion wird pro Tonne Rohmaterial während des Verhüttungs­prozesses ein Vielfaches an CO2 ausgestoßen. Daran hat sich in fast eineinhalb Jahr­hunderten industrieller Aluminium­erzeugung nicht viel geändert. Isabella Gallino vom Lehrstuhl für Metallische Werkstoffe der Universität des Saarlandes möchte dies nun gemeinsam mit dem Industrie­partner Trimet ändern. Sie erforschen eine Methode, bei der statt CO2 reiner Sauerstoff als Nebenprodukt der Alu­produktion anfallen soll.

Abb.: Illustration einer klimaschonenden Produktion von Aluminium. (Bild:...
Abb.: Illustration einer klimaschonenden Produktion von Aluminium. (Bild: trimet)

Die Doktorarbeit von Isabella Gallino ebnet möglicherweise einem Paradigmen­wechsel in der energie­intensiven und umwelt­belastenden Aluminium­industrie den Weg. Am Ende steht die Möglichkeit, Aluminium CO2-neutral herstellen zu können. Nach dem gängigen Verfahren wird bei der Aluminium­herstellung aus dem Erz Bauxit enorm viel CO2 freigesetzt. „Beim Verhütten von einer Tonne Bauxit werden acht Tonnen CO2 freigesetzt, wenn Kohlestrom dafür genutzt wird“, sagt Ralf Busch von der Universität des Saarlandes. Die Metall­forscherin Isabella Gallino ergänzt: „Selbst wenn grüner Strom genutzt wird, setzt die Aluminium­herstellung aus einer Tonne Bauxit noch 1,5 Tonnen CO2 frei.“

Der Grund dafür ist, dass das Aluminiumerz Bauxit in den Schmelzöfen durch Elektro­lyse aufgespalten wird. Bisher wird der Sauerstoff des Bauxits mithilfe einer Graphit-Anode vom Aluminium getrennt. Der Kohlenstoff dieser Graphit-Anode und der Sauerstoff des Bauxits verbinden sich dadurch zu ebenjenen 1,5 Tonnen CO2 aus einer Tonne Bauxit, das in die Atmosphäre entweicht. Übrig bleibt – unter anderem – das elementare Aluminium, das als wert­voller Ausgangsstoff für viele Industrie­zweige genutzt werden kann, vom Automobilbau bis zur Getränke­industrie. 

Alleine in einem einzigen Werk des größten deutschen Aluminiumproduzenten Trimet, dem Industrie­partner, der nun in einem großen EU-Forschungs­projekt auf die wissen­schaftliche Expertise von Isabella Gallino und Ralf Busch zurückgreift, werden in jedem einzelnen der 300 Schmelzbäder 23 schreibtischgroße Graphit-Anoden eingesetzt, die monatlich erneuert werden müssen. Laut Aluminium-Branchen­verband werden weltweit rund 63 Millionen Tonnen Hütten­aluminium pro Jahr erzeugt. Hier kommt nun Isabella Gallinos zwanzig Jahre alte Doktorarbeit ins Spiel, die sie an der Oregon State University in den USA verfasst hat. Sie hat darin nachge­wiesen, dass inerte Anoden tatsächlich in der Praxis funktionieren.

Sie nutzte für diese Anoden eine Eisen-Kupfer-Nickel-Legierung, die sich nicht, wie der Kohlenstoff der Graphit-Anode, verbraucht, sondern erhalten bleibt und dabei Sauerstoff statt CO2 freisetzt. „Damals waren aber die politischen Rahmen­bedingungen in den USA schlecht“, blickt Isabella Gallino auf die Zeit Anfang der 2000er Jahre zurück. Die Regierung des republi­kanischen Präsidenten George W. Bush hat die teure Förderung umweltfreundlicher Industrie­reformen zurückgefahren. Mit dem „European Green Deal“, den die EU 2019 ins Leben gerufen hat, sind nun in Europa die Bedingungen für die Umsetzung dagegen sehr gut. Denn ein Umbau einer Schwerindustrie wie der Aluminium­herstellung ist ein sehr teures Unterfangen. „Wenn wir aber kein CO2 mehr produzieren wollen, ist das der einzige Weg“, sagt Isabella Gallino. 

Sie ist daher Teil eines EU-geförderten Konsortiums zur „CO2-freien Aluminium­produktion“, das der Aluminium­produzent Trimet federführend leitet. Ihre Aufgabe wird es in den kommenden drei Jahren sein, metallische Anoden so weiterzuentwickeln, dass sie einen effizienten und CO2-neutralen Produktions­prozess ermöglichen. Die Industriepartner werden im Anschluss daran einen Prototyp für die Elektrolyse entwickeln und die CO2-neutrale Herstellung im kleinen Maßstab testen, bevor sie anschließend ein kleineres Werk errichten, das klima­freundliches Aluminium zunächst im kleineren Maßstab industriell erzeugen kann. 

Die Metallurgie-Expertin Isabella Gallino schaut in diesem Zusammenhang noch auf eine andere Möglichkeit, die sich durch die Erzeugung von klima­schonendem Aluminium in Zukunft ergeben könnte: „Aluminium kann auch sehr gut als Energie­speicher genutzt werden, wenn es mit grünem Strom produziert wird. Aluminium ist ein Element, das auf einmal drei Valenz-Elektronen abgeben kann. Die Energiedichte ist also höher als bei anderen Elementen. Und es gibt eine Technik, bei der zur Strom­erzeugung elementares Aluminium zurück zu Alluminium­oxid oxidiert, indem man flüssiges Aluminium kontrolliert mit Wasser reagieren lässt.“ 

U. Saarland / JOL

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