27.05.2021 • LaserBiophysikAtome und Moleküle

Infrarot-Laser stoppt Adenin-Zerfall

Ultrakurze Laserpulse schützen DNA-Baustein vor Zerstörung durch Vakuum-UV-Strahlung.

Hochenergetische Strahlung kann irreparable Schäden an biologischen Molekülen wie beispielsweise der DNA verursachen, die zu Mutationen und möglicherweise zum Zelltod führen. Die Schäden fangen häufig als Ionisierung des Moleküls an und führen zu einer Aufspaltung der DNA-Untereinheiten. Ein Schutz vor solchen Strahlenschäden war bisher kaum möglich, da sich der lichtinduzierte Spaltungsprozess nicht stoppen ließ. Mithilfe von Ultrakurzzeit-Experimenten hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der DESY-Forscherin Francesca Calegari jetzt herausgefunden, dass es mit Hilfe von Mechanismen, die auf extrem kurzen Zeitskalen ablaufen, doch möglich ist, das Molekül zu schützen.

Abb.: Wird das Adenin-Molekül durch Vakuum-UV-Strahlung ionisiert, kommt es...
Abb.: Wird das Adenin-Molekül durch Vakuum-UV-Strahlung ionisiert, kommt es zur Auf­spaltung. Durch richtiges Timing eines zweiten Infrarot-Laser­pulses und die Aus­nutzung der Ladungs­wande­rung lässt sich das Molekül jedoch durch eine zweite Ioni­sa­tion stabi­li­sieren. (Bild: U. de Giovannini, MPSD)

Bei ihren Experimenten setzte die Gruppe Moleküle des DNA-Bausteins Adenin für eine Zeit von Attosekunden einem intensiven Vakuum-UV-Blitz aus, der das Molekül regelmäßig zur Zerstörung bringt. Als die Wissenschaftler das Molekül nur zwei Femtosekunden danach mit einem Infrarotlichtblitz bestrahlten, stellten sie jedoch fest, dass sich das Molekül durch Abgabe eines Elektrons stabilisierte und sein Zerfall gestoppt wurde. Stattdessen blieb ein doppelt ionisiertes, aber ansonsten intaktes Adeninmolekül zurück. Insgesamt konnte die Gruppe so etwa ein Prozent der Moleküle vor der Zerstörung bewahren. Als Schlüsselmechanismus für diese Stabilisierung identifizierte das Team die Wanderung von Elektronenladungen: Ein rein elektronischer Prozess, der auf einer ultraschnellen Ladungswanderung fort vom Molekül basiert.

„Wir sind mit unseren Experimenten in den Attosekunden-Bereich vorgedrungen und konnten so erstmals zeigen, dass es mit unserer Technik möglich ist, Elektronenbewegungen auszunutzen, um das Schicksal einer molekularen Reaktion zu verändern“, erklärt Erik Månsson vom DESY. „Bisher gab es nur Spekulationen über diese Möglichkeit. Die übliche Annahme war stattdessen, dass die Kontrolle der Bewegungen der Atomkerne in den Molekülen der Schlüssel für die molekulare Stabilisierung ist.“ In dieser Studie jedoch wurden Zeitskalen betrachtet, in denen die Atome im Molekül als bewegungslos, quasi eingefroren, betrachtet werden können. Sie enthüllt damit einen rein elektronischen Mechanismus, der für DNA-Bausteine bisher unerforscht ist.

Die Wissenschaftler des MPI für Struktur und Dynamik der Materie lieferten das mikroskopische Verständnis der experimentellen Messungen durch die Entwicklung theoretischer Methoden zur Simulation der ultraschnellen korrelierten Elektronendynamik. Die Methode ist sowohl effizient als auch auf realistische Systeme anwendbar.

Die neuen Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt zum Verständnis der rasanten Mechanismen, die durch die Wechselwirkung von Biomolekülen mit Licht aktiviert werden, und ihrer Rolle beim Schutz vor der Zerstörung durch das Licht. „Der Nachweis eines ultraschnellen Stabilisierungsablauf für einen DNA-Baustein, indem wir das System beobachten, bevor die Kernbewegung stattfindet, kann unsere Möglichkeiten zur Kontrolle von Ionisationsschäden erheblich verbessern – mit interessanten Perspektiven für den Schutz von Molekülen vor Licht“, erklärt Calegari.

MPSD / RK

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