04.11.2022

Heiße Jupiter wirken verjüngend

Planeten lassen ihren Wirtsstern durch Gezeitenkräfte schneller drehen.

Planeten können ihre Wirtssterne dazu zwingen, sich jünger als für ihr Alter typisch zu verhalten. Dies zeigt eine neue Studie mehrerer Systeme, die von Wissen­schaftlerinnen des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) mit Hilfe des Chandra-Röntgen­observatoriums der Nasa durchgeführt wurde. Dies könnte der bisher beste Beweis dafür sein, dass einige Planeten offenbar den Alterungs­prozess ihrer Wirtssterne verlangsamen.

Abb.: Illustration eines heißen Jupiters, der seinen Wirtstern umkreist. Im...
Abb.: Illustration eines heißen Jupiters, der seinen Wirtstern umkreist. Im Hintergrund ist der zweite Stern des Doppel­sternsystems zu sehen. (Bild: NASA / CXC / M. Weiss)

Während der „Anti-Aging-Effekt“ von heißen Jupitern, also riesigen gasförmigen Exo­planeten, die einen Stern in Merkur-Entfernung oder näher umkreisen, schon früher beobachtet wurde, dokumentieren neue Beobach­tungen nun zum ersten Mal den Effekt systematisch und liefern somit den bisher stärksten Nachweis für dieses exotische Phänomen. „In der Medizin braucht man viele Menschen, die an einer Studie teilnehmen, um zu wissen, ob die Effekte real sind oder eine Art Ausreißer“, sagt Nikoleta Ilic, Doktorandin in der Abteilung Sternphysik und Exo­planeten am AIP. „Das gleiche gilt manchmal auch für die Astronomie, und diese Studie gibt uns die Gewissheit, dass diese heißen Jupiter die Sterne, die sie umkreisen, tatsächlich jünger wirken lassen, als sie sind.“

Ein heißer Jupiter kann seinen Wirtsstern durch Gezeiten­kräfte beein­flussen, so dass sich der Stern schneller dreht, als wenn er keinen solchen Planeten hätte. Diese schnellere Rotation kann dazu führen, dass der Wirtsstern aktiver wird und mehr Röntgen­strahlung erzeugt, was auf ein jüngeres Alter des Sterns hindeuten kann. Wie beim Menschen gibt es jedoch viele Faktoren, die die Vitalität eines Sterns bestimmen können. Alle Sterne verlangsamen mit zunehmendem Alter ihre Rotation und Aktivität und erleben weniger Ausbrüche. Da es schwierig ist, das Alter der meisten Sterne genau zu bestimmen, war es für Astro­nominnen und Astronomen bisher schwierig festzustellen, ob ein Stern unge­wöhnlich aktiv ist, weil er von einem nahen Planeten beeinflusst wird, der ihn jünger erscheinen lässt, als er ist, oder weil er tatsächlich jung ist. 

Die Forscherinnen gingen dieses Problem an, indem sie Doppel­sternsysteme untersuchten, bei denen die Sterne weit voneinander entfernt sind, aber nur einer von ihnen von einem heißen Jupiter umkreist wird. Astronomen wissen, dass sich die Sterne in den Doppelstern­systemen, genau wie menschliche Zwillinge, gleichzeitig bilden. Der Abstand zwischen den Sternen ist viel zu groß, als dass sie sich gegenseitig beein­flussen könnten oder als dass der heiße Jupiter den anderen Stern beeinflussen könnte. Das bedeutet, dass sie den planeten­freien Stern im System als „Kontroll­proband“ verwenden können. „Es ist fast so, als würde man Zwillinge in einer Studie verwenden, bei der ein Zwilling in einer völlig anderen Umgebung lebt, die sich auf ihre Gesundheit auswirkt“, erklärt Katja Poppen­häger, Leiterin der Abteilung Sternphysik und Exoplaneten. „Indem wir einen Stern mit einem nahegelegenen Planeten mit seinem Zwilling ohne einen solchen vergleichen, können wir die Unterschiede im Verhalten der gleich­altrigen Sterne untersuchen.“

Das Team beobachtete die von den Sternen ausgesandte Röntgen­strahlung mit den Weltraum­teleskopen Chandra und XMM-Newton, um zu bestimmen, wie jung ein Stern ist. Sie suchten nach Anzeichen für den Einfluss ihrer Planeten auf die Sterne, indem sie fast drei Dutzend Systeme im Röntgenlicht studierten. Sie fanden heraus, dass die Sterne mit heißen Jupitern tenden­ziell heller im Röntgenlicht und damit aktiver waren als ihre Begleitsterne ohne heiße Jupiter. „In früheren Fällen gab es einige sehr fas­zinierende Hinweise, aber jetzt haben wir endlich den statis­tischen Beweis, dass einige Planeten tatsächlich ihre Sterne beein­flussen und sie jung halten“, so AIP-Forscherin Marzieh Hosseini. „Wir hoffen, dass künftige Studien dazu beitragen werden, mehr Systeme zu entdecken, um diesen Effekt besser zu verstehen.“

AIP / JOL

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