22.02.2021

Hausbau auf dem Mars

Tonmineralien wie im Jezero-Krater zeigen vielversprechende Eigenschaften als Baumaterial.

Der Marsrover Perseverance ist im Jezero Crater gelandet – einem riesigen Krater auf dem Mars, in dem früher vermutlich ein See war. Wenn es überhaupt je Leben auf dem Mars gab, könnte sich das in diesem Krater nachweisen lassen. Der Rover soll entsprechende Unter­suchungen vornehmen. Aus den Satelliten­beobachtungen des Mars ist bereits bekannt, dass genau in diesem Krater verstärkt Ton­mineralien vorkommen, wie sie auch auf der Erde zu finden sind. Solche Ton­mineralien werden bereits seit längerem von Wissenschaftlern der TU Berlin aus dem Fach­gebiet keramische Werkstoffe von Aleksander Gurlo erforscht. 
 

Abb.: Der frisch gelandete Rover Perseverance (Bild: NASA / JPL-Caltech)
Abb.: Der frisch gelandete Rover Perseverance (Bild: NASA / JPL-Caltech)

Wie die Forscher nachweisen konnten, eignen sich diese Tonmineralien sowohl für die Herstellung getöpferter Gebrauchs­gegenstände aus gebrannter Keramik als auch für den Bau ganzer Häuser. „Aufgrund der großen Entfernung von der Erde wird eine menschliche Erforschung, dauerhafte Stationierung oder sogar Besiedlung des Mars nur unter Verwendung lokaler Mars­ressourcen möglich sein – eine Praxis, die als In-Situ-Ressourcen­nutzung bezeichnet wird“, erläutert David Karl, wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem Team von Aleksander Gurlo. Neben Energie, Wasser, Sauerstoff und Nahrung gehören Bau­materialien zu den Grund­bedürfnissen einer potenziellen Stationierung auf dem Mars und zu den Materialien, die mit am schwierigsten dorthin zu bringen sein werden.

„Im Vergleich zu den Baumaterialien, die in der Geschichte der menschlichen Zivilisation auf der Erde verwendet wurden, ist das Fehlen von organischen Materialien wie Pflanzen eine große Herausforderung. Die einzigen verfügbaren festen Baumaterialien für die frühe In-Situ-Ressourcen­nutzung des Mars sind Regolith und Gestein. In jüngsten Veröffentlichungen konnten wir nachweisen, das auf dem Mars vorkommende Mineralien, wie zum Beispiel sogenanntes felsisches Gestein, sich in Gegenwart von Wasser in Schichtsilikate, also Tonminerale, umwandeln kann“, weiß David Karl.

Aus den Satellitenaufnahmen der Marsoberfläche ist bekannt, dass unter anderem im Jezero Krater verschiedene Ton­mineralien reichlich vorhanden sind. Nach Vorstellung der Wissenschaftler könnten diese Ton­mineralien allein durch den Einsatz von Wasser zu Grünkörpern – also ungebrannten, feuchten Tonkörpern, verarbeitet werden. „Aus diesen lassen sich neben stabilen Gebrauchs­gegenständen wie Tellern, Vasen oder ähnliches auch Tonziegel herstellen, die in einer ariden Umgebung eine hohe Stabilität aufweisen. Das konnten wir experimentell schon demonstrieren, etwa indem wir solche Materialien mittels 3D-Druck geformt haben. Ungebrannte Tonziegel werden von Menschen besonders in trockenen Gebieten der Erde schon seit Jahrtausenden für den Bau von Gebäuden genutzt. Etwa in Schibam, im Jemen, wo eine ganze Stadt aus ungebranntem Ton gebaut wurde. Einzelne Gebäude können dabei eine Höhe von bis zu dreißig Meter erreichen“, berichtet David Karl. 

Für die künftige In-Situ-Ressourcennutzung (ISRU) Forschung hoffen die Wissenschaftler, mit ihren Arbeiten zu Tonmineralien eine neue Ressource erschlossen zu haben. In ihren aktuellen vorgelegten Publikationen konnten die Forscher nachweisen, dass sich ihr Material­system mit allen typischen Formgebungs­verfahren nutzen lässt, um ungebrannte Tonstrukturen oder gebrannte Keramiken herzustellen. Somit wäre das System für die Konstruktion von einfachen Unterkünften oder funktionalen Gebrauchs­gegenständen auf dem Mars prädestiniert.

Aktuell arbeiten die Forscher daran, den gesamten Prozessweg des 3D-Drucks von Mars-Tonmineralien unter simulierten Mars-Umgebungs­bedingungen zu etablieren. Die ersten Messungen des Perseverance Rovers könnten ihnen dabei helfen, die Ton­zusammensetzung ihrer Materialien weiter zu optimieren. Ziel ist es, die wissenschaftliche Erforschung des Mars mit diesem tonhaltigen Material­system zu unterstützen.

TU Berlin / DE
 

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