26.10.2020

Geschärfte Bildgebung

Zellstoffwechsel durch spezielle MRT-Verfahren sichtbar machen.

Mit Hilfe der Magnetresonanz­tomografie (MRT) lassen sich in der heutigen Medizin vor allem die Weichteile im menschlichen Körper sehr gut darstellen – und helfen in der Diagnostik, Veränderungen wie Tumoren zu erkennen. Viele Erkrankungen lösen allerdings bereits Veränderungen im Zellstoff­wechsel aus, bevor im MRT tatsächlich eine substanzielle Struktur­veränderung des Gewebes zu erkennen ist. Ein inter­disziplinäres Forschungs­team der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) um Moritz Zaiß, Professur für multimodale Bildgebung in der klinischen Forschung, und der Technischen Universität Graz arbeitet jetzt an einem Verfahren, um bereits diese Stoffwechsel­änderungen im MRT sichtbar zu machen und so einen wichtigen Beitrag für die Früherkennung von Krankheiten durch MR-Biomarker zu leisten. Das Projekt, an dem Wissenschaftler aus den Fachbereichen Physik, Radiologie, Ingenieurwesen und Mathematik mitarbeiten, wird von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft und dem österreichischen Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Forschung mit 650.000 Euro gefördert.
 

Abb.: Die CEST-Bildgebung am 7-Tesla-Hoch­feld­gerät gemessen (rechts) zeigt...
Abb.: Die CEST-Bildgebung am 7-Tesla-Hoch­feld­gerät gemessen (rechts) zeigt Tumor­areale an, wie sie sonst nur auf kontrast­mittel­verstärkten MRT-Bildern (links) zu sehen sind. (Bild: Uni-Klinikum Erlangen / M. Zaiß)

Magnetresonanz­tomografie erlaubt es, die Weichteile des Körpers und verschiedene Gewebetypen mit einer hohen räumlichen Auflösung darzustellen. Der Grund: Mit Hilfe des Magnetfeldes im MRT lassen sich die Protonen im Kern von Wasserstoff­atomen räumlich aufgelöst messen – und damit auch das Körper­gewebe, das ja zu großen Teil aus Wasser besteht. Für die Diagnostik, gerade für die Früherkennung bestimmter Erkrankungen, wäre es allerdings wichtig, Gewebe­veränderungen bereits in einem Stadium zu identifizieren, wenn sich lediglich im Zellstoffwechsel Unregel­mäßigkeiten finden – typische frühe Anzeichen, dass etwas mit der Zelle nicht stimmt. Könnte man diesen Zellstoff­wechsel ebenfalls in 3D sichtbar machen und auf diese Weise feststellen, wie hoch zum Beispiel der Kreatin-Gehalt oder der pH-Wert an bestimmten Stellen im Gewebe ist, wäre dies ein immenser Gewinn für die Medizin. Denn solche Werte sind häufig Biomarker, also messbare Hinweise im Körper auf bestimmte Erkrankungen.

Grundsätzlich könnte die Magnet­resonanz­tomografie dies leisten, gerade die neuen leistungs­starken Hochfeld-Magnet­resonanz­tomografen mit Feldstärken von sieben Tesla oder mehr. In verschiedenen Molekülen nämlich, die in der zellulären Struktur oder im Zell­stoff­wechsel vorkommen – etwa Proteine und Stoff­wechsel­zwischen­produkte (Metabolite) – sind ebenfalls Wasser­stoff­atome enthalten, allerdings in deutlich geringerer Konzentration als in Wasser selbst. Ein Lösungsansatz ist CEST-MRT: Die Abkürzung CEST steht für den „chemical exchange saturation transfer“, ein Verfahren, das sich den chemischen Prozess des Protonen­austauschs zu Nutze macht, um die Sensitivität des MRT so zu erhöhen, dass es auch auf die geringen Konzentrationen von Wasser­stoff­protonen in Proteinen und Metaboliten anspringt. Das interessante an der CEST-MRT-Methode ist, dass sie nicht-invasiv ist und keine Kontrastmittel benötigt.

Für eine Nutzung von CEST-MRT als Standard in der Diagnostik sind allerdings noch einige Hürden zu nehmen: Aktuell zum Beispiel dauert eine Untersuchung, um genügend hohe Mengen an Daten zu erheben, noch zu lange und könnte Patienten überfordern. Auch die Auswertung der Daten­massen und die optimale Steuerung des CEST-MRT – die Forscher setzen dafür Radio­frequenz­signale ein – sind ungelöste Probleme.

Moritz Zaiß und seine Kollegen wollen zwei Lösungsansätze parallel verfolgen: Zum einen setzen sie darauf, perfekte passende Radio­frequenz­signale zu entwickeln. Gleichzeitig wollen sie die Untersuchung durch neuartige Mess- und Rekonstruktions­verfahren um mehr als das Zehnfache beschleunigen. Dafür arbeiten sie vor allem am Ultra-Hochfeld-MRT Magnetom Terra, den Wissenschaftler der FAU und des Universitäts­klinikums Erlangen selbst mit entwickelt haben. So hoffen die Forscher, einen entscheidenden Beitrag zu leisten für eine bessere und patienten­freundliche Erfassung molekularer Information durch die Magnet­resonanz­bildgebung – und damit eine Basis zu schaffen für eine breitere klinische Anwendung in der Biomarker-Bildgebung und der Präzisions­medizin.

FAU / DE

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