16.10.2015

Genmanipulierter Energietransport

Wie Exzitonen in einem Molekülnetz dank genetischer Veränderungen besser vorankommen.

Bei der Umwandlung von Solar- in elektrische oder chemische Energie spielt der möglichst effiziente Energietransport durch Exzitonen eine entscheidende Rolle. Forscher vom MIT und aus Italien haben jetzt diesen Transport in einem Modellsystem durch Genmanipulation deutlich verbessert.

Abb.: Auf dem fadenförmigen M13-Virus (a) lassen sich an bestimmten Stellen Farbstoffmoleküle verankern. Sie bilden ein Netz (b), durch das exzitonische Anregungen hüpfend können. Dieser Energietransport lässt sich erheblich verbessern, wenn das Virus genetisch so verändert wird, dass es ein dichteres Molekülnetz trägt (c). Dann hüpfen die Exzitonen nicht nur, sondern sie bewegen sich auch quantenmechanisch kohärent. (Bild: H. Park et al.)

Wissenschaftler um Angela Belcher vom MIT haben zwei Sorten von Farbstoffmolekülen, die die Rolle von Donoren bzw. Akzeptoren für Energieanregungen spielten, in einem feinen Netz angeordnet. Moleküle des einen Farbstoffs wurden mit grünem Licht von etwa 500 Nanometern Wellenlänge angeregt und gaben einen Teil der Anregungsenergie strahlungslos durch eine „Förster-Resonanz“ in Form von gebundenen Elektron-Loch-Paaren oder Exzitonen an Nachbarmoleküle weiter. Die Energie wurde schließlich von Molekülen des anderen Farbstoffs aufgenommen und als gelbes Licht von etwa 600 Nanometern Wellenlänge abgestrahlt.

Das Netz kam dadurch zustande, dass sich die Farbstoffmoleküle an bestimmten Bindungsstellen auf der Oberfläche eines fadenförmigen M13-Virus festsetzten. Die Forscher hatten zwei genmanipulierte Varianten (M13CF und M13SF) des Virus erzeugt, die sich durch die Zahl und Anordnung der Bindungsstellen unterschieden. Bei der Variante M13CF bildeten die gebundenen Farbstoffmoleküle ein relativ lockeres Netz, durch das die Exzitonen hüpften und diffusiv vorankamen, wie man es im Fall einer klassischen Förster-Resonanz (CF) erwartet.

Bei der Variante M13SF gab es zusätzliche Bindungsstellen, sodass das Netz, in dem sich die Farbstoffmoleküle anordneten, dichter war. Dadurch delokalisierten die Exzitonen quantenmechanisch, woraufhin sie nicht nur klassisch diffundieren sondern auch auf quanten­mechanisch kohärente Weise von einem Farbstoff zum anderen gelangen konnten. Solch einen kohärenten Energie­transport, der durch konstruktive Interferenz verschiedener Transportwege gegenüber der klassischen Energie­diffusion erhöht ist, hatte man bei der Photosynthese von Algen nachgewiesen.

Den verbesserten Energietransport für M13SF beschrieben die Forscher durch eine „Super-Förster-Theorie“ (SF), die Quanteneffekte berücksichtigte, und verglichen deren Vorhersagen mit den Messungen am M13SF-Farbstoffnetz. Dabei erhöhten sie systematisch die Farbstoff­konzentration, sodass mehr und mehr Bindungsstellen mit Farbstoffmolekülen besetzt waren. Zudem sorgten sie dafür, dass viel mehr Donor- als Akzeptor-Moleküle vorhanden waren.

Wurden die Donor-Moleküle beleuchtet und die daraufhin von den Akzeptor-Molekülen abgegebene Fluoreszenzstrahlung gemessen, so zeigte deren Intensität eine charakteristische Abhängigkeit von der Farbstoffkonzentration. Jedes Akzeptor-Molekül konnte von den umliegenden Donor-Molekülen angeregt werden, wenn sich diese innerhalb einer bestimmten Diffusionslänge befanden, über die noch ein effizienter Energietransport möglich war. Lagen die Akzeptor-Moleküle aber so dicht, dass sie sich anregende Donor-Moleküle teilen mussten, so nahm die Fluoreszenz­stärke pro Molekül ab.

Aus den konzentrationsabhängigen Fluoreszenz­intensitäten ermittelten die Forscher, dass die Diffusionslänge, über den die Anregungsenergie von Donor- zu Akzeptor-Molekülen transportiert wurde, für M13CF bei 7,8 Nanometern lag während er für M13SF 13,1 Nanometer betrug, was einer Zunahme um 68 Prozent entspricht. Bei M13CF wurde jedes Akzeptor-Molekül von durchschnittlich 29 Donor-Molekülen angeregt, während es bei M13SF 114 Donor-Moleküle waren.

Mit der richtigen Genmanipulation konnte also der exzitonische Energie­transport erheblich verbessert werden. Nach Meinung der Forscher könnte ihr Verfahren in vielen Bereichen Anwendung finden, wo es um effiziente Weitergabe von Energie geht, etwa in der organischen Photovoltaik oder in der lichtgetriebenen Katalyse.

Rainer Scharf

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