12.02.2021 • Energie

Gefangenes Lithium

Neutronen zeigen Verteilung von Lithium und Elektrolyt in Lithium-Ionen-Zellen.

Die hervor­ragenden Eigenschaften des Lithium-Ionen-Akkus haben das tägliche Leben wie sonst wenige andere Erfindungen geprägt. Jedoch treten mit der Zeit Effekte auf, welche die Speicherfähigkeit der Akkus nach und nach verringern. An der Forschungs-Neutronen­quelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) der Technischen Universität München ging Anatoliy Senyshyn, Instrument­wissenschaftler am Pulver­diffraktometer SPODI, den Ursachen auf den Grund, indem er Neutronen­streuung als Werkzeug nutzte, um zylindrische Lithium-Ionen-Akkus zu analysieren. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern sucht er Antworten auf grund­sätzliche Fragen zum Aufbau und Verhalten von Lithium-Ionen-Akkus: Warum reduziert sich die verfügbare Kapazität mit der Zeit? Wie ist das Lithium im Akku verteilt?

Abb.: Martin Mühl­bauer montiert eine Lithium-Ionen-Zelle im Objektträger...
Abb.: Martin Mühl­bauer montiert eine Lithium-Ionen-Zelle im Objektträger des hoch­auflösenden Pulver­diffraktometers (SPODI) am FRM II. (Bild: A. Heddergott, TUM)

Die Abläufe im Inneren einer Lithium-Ionen-Zelle, wie beispielsweise ein sich zerset­zender Elektrolyt oder die Verteilung des Lithiums, die während des Auf- und Entladens ablaufen, lassen sich außerhalb der Zelle aufgrund der hohen Reaktivität der Zell­bestandteile gegenüber Sauerstoff und Luftfeuch­tigkeit nur schwer beobachten. Neutronen sind besonders empfindlich gegenüber leichten Elementen, wie beispiels­weise Wasserstoff und Lithium. Sie können das Lithium daher auch im Inneren einer Zelle sichtbar machen, was Untersuchungen unter realen Betriebs­bedingungen ermöglicht. Neutronen bieten zudem den Vorteil, dass sie zerstörungsfrei messen. So können die Forscher Vorgänge in der Batterie von außen beobachten, ohne in das empfind­liche System einzugreifen.

Bei Lithium-Ionen-Zellen entsteht ein Stromfluss dadurch, dass ein Lithiumatom ein Elektron abgibt und dieses Elektron durch das ange­schlossene Gerät fließt. Innerhalb der Zelle wandert gleichzeitig ein Lithium-Ion von einer Elektrode zur anderen. Es stehen also immer nur so viele Elektronen wie Lithium-Ionen zur Verfügung. Verliert der Akku an Kapazität, so ist dies damit gleichzusetzen, dass Lithium „verloren“ geht. Doch wohin verschwindet es? Die Neutronen­streuexperimente an den Instrumenten STRESS-SPEC und SPODI zeigten einen linearen Zusammenhang zwischen dem Verlust von beweglichen Lithium-Ionen und der Zersetzung des Elektro­lyten, die beispiels­weise beim Laden als ungewollte Neben­reaktion stattfindet. Die dabei entstehenden Zersetzungs­produkte des Elektrolyten lagern Lithiumatome ein, welche dann nicht mehr als bewegliches Lithium zur Verfügung stehen, um zwischen den beiden Elektroden ausgetauscht zu werden. So verliert der Akku an Kapazität: er altert.

Bei theoretischen Modellen, Berechnungen oder Messungen wurde bisher meist von einer gleich­mäßigen Verteilung des Lithiums ausgegangen. Die Unter­suchungen ergaben jedoch, dass das Lithium von Anfang an sehr ungleich verteilt ist und die Inhomo­genität mit der Zeit sogar noch steigt. Die Modellierung von Lithium-Ionen-Zellen kann also deutlich verbessert werden, wenn Entwickler diese ungleiche Lithium-Verteilung berück­sichtigten. Basierend auf der Verteilung des Lithiums können zudem Aussagen über die Speicher­fähigkeit der Lithium-Ionen-Zelle getroffen werden. Diese Ergebnisse sind eine wichtige Basis, um zukünftige Akkus effizienter, langlebiger und leistungs­stärker zu machen.
 

TUM / JOL

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