24.08.2021

Fluoreszierende Dehnung

Leichtes Laminat warnt vor Verformungen mit Farbwechseln.

In vielen Bereichen hat die Leichtbauweise Einzug gehalten, insbesondere im Fahrzeug-, Schiff- und Flugzeugbau. Nebst klassischen Leicht­metallen wie Aluminium, Magnesium oder Titan werden zunehmend auch Verbund­materialien in tragenden Anwendungen verbaut. Das hat zur Folge, dass gleichzeitig neue Techniken und Methoden entwickelt werden müssen, um Schäden oder gar ein mögliches Versagen solcher noch wenig erprobter Materialien frühzeitig zu erkennen. Forschende der ETH Zürich aus der Gruppe für Komplexe Materialien in Zusammen­arbeit mit Forschern der Universität Fribourg haben nun einen Ansatz gewählt: Sie haben einen leichten Werkstoff geschaffen, der durch eine Farbänderung innere Verformungen und damit ein mögliches Material­versagen frühzeitig anzeigt. Das aus einzelnen Schichten zusammen­gesetzte Laminat ist transparent, bruchfest und trotzdem sehr leicht. 

Abb.: Ein von außen nicht sichtbarer Riss bildet sich und pflanzt sich...
Abb.: Ein von außen nicht sichtbarer Riss bildet sich und pflanzt sich innerhalb des Materials fort. Schon bei den ersten Schadens­anzeichen beginnt es zu fluores­zieren. (Bild: ACS Appl. Mater. Interf.)

Aufgebaut ist das Laminat aus sich abwechselnden Schichten aus einem Kunststoff und künstlichem Perlmutt. Letzteres besteht aus unzähligen, parallel ange­ordneten Glas­plättchen, die verdichtet, gesintert und durch ein Polymer-Harz verfestigt werden. Dadurch wird es äußerst hart und bruchfest. Die zweite Schicht besteht aus einem Polymer, dem die Forschenden ein eigens für diese Anwendung synthe­tisiertes Indi­kator-Molekül beimengten. Dieses Molekül wird durch Dehnungskräfte, die im Polymer auftreten, aktiviert. Dadurch verändert sich dessen Fluoreszenz. Je stärker die Material­dehnung und je mehr dieser Moleküle aktiviert werden, desto intensiver wird die Fluoreszenz.

„Wir haben fluores­zierende Moleküle verwendet, weil man die Zunahme der Fluoreszenz sehr gut messen kann und nicht auf die subjektive Wahrnehmung angewiesen ist“, sagt Tommaso Magrini. Man hätte das System auch mit einem von außen direkt wahrnehm­baren Farbumschlag aufbauen können. Aber: „Die Wahrnehmung von Farben ist subjektiv und Rückschlüsse auf Veränderung im Material schwierig“, betont der Forscher.& Mithilfe der Fluoreszenz können die Forschenden nun über­beanspruchte Bereiche innerhalb des Verbund­werkstoff bereits dann identi­fizieren, bevor sich Brüche ausbilden. Dadurch lassen sich anfällige Stellen in einer Struktur frühzeitig erkennen, ehe ein katas­trophales Versagen auftritt.

Eine mögliche Anwendung des neuartigen Laminats sind denn auch Bauteile in tragenden Strukturen, etwa von Bauten, Flugzeugen oder Fahrzeugen, und deren Versagen unbedingt früh­zeitig erkannt werden muss. Eine offene Frage ist allerdings noch, ob und wie das Material im industriellen Maßstab produziert werden kann. Bis jetzt gibt es dieses erst im Labormaßstab als Machbarkeits­nachweis.

ETHZ / JOL

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