06.07.2022

Flugzeug aus dem Rechner

Schnellere Entwicklung von klimafreundlichen Flugzeugen durch Digitalisierung.

Im Virtual Product House (VPH) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR ist das Startprojekt zur digitalen Entwicklung von Steuerflächen für zukünftige Flugzeug­flügel erfolgreich beendet worden. Im Bremer Center for Eco-efficient Materials & Technologies (ECOMAT) hat das DLR zusammen mit Partnern aus Industrie und Forschung erstmals eine aufeinander aufbauende digitale Verkettung von Entwicklungs­schritten für eine Flügelklappe am Computer simuliert – vom Design über die Produktion bis hin zum Test. Damit legt das DLR den Grundstein für zukünftige virtuelle Entwurfs­prozesse von Flugzeugen bis hin zur Zerti­fizierung – ein wichtiges Werkzeug, um die Entwicklung hoch­effizienter Flugzeuge zu beschleunigen.

Abb.: Vision des virtuellen Produkts für die digitale Produktentwicklung....
Abb.: Vision des virtuellen Produkts für die digitale Produktentwicklung. (Bild: DLR)

„Auf dem Weg zu einer emissions­freien Luftfahrt agiert das DLR als Architekt und betrachtet das Gesamtsystem mit all seinen Wirk­zusammenhängen, um innovative Techno­logien und digitale Methoden gemeinsam mit unseren Partnern zeitnah in die industrielle Anwendung zu bringen. Das VPH als Integrations­zentrum für die virtuelle Produkt­entwicklung übernimmt hierbei eine Schlüsselrolle im DLR, auch in der Schnittstelle zu Industrie und Zulassungs­behörden“, sagt Markus Fischer, Bereichs­vorstand Luftfahrt. Mit dem im Startprojekt realisierten VPH-Prozess lassen sich durch die Vorab-Simulationen von Fertigung und Tests industrielle Flügel- und Klappen­konzepte effizienter und ziel­gerichteter auslegen.

Mögliche Kompli­kationen und Nachteile in späteren Entwicklungs­schritten lassen sich so bereits früh im Entwurf antizipieren und über Anpassungen des Klappen­designs vermeiden. Die simulations­basierten Testverfahren sollen zudem einen Teil der physischen Erprobungen ersetzen. So würden zukünftig weniger Tests an aufwändigen Prüf­ständen erforderlich sein. „Hierdurch sparen wir nicht nur viel Zeit und Geld für Tests und Zulassung, durch die digitale „End-to-End“-Kette ist es auch möglich, die gesamte Entwicklungs­zeit innovativer Flugzeug­komponenten deutlich zu verkürzen“, sagt Kristof Risse, Leiter des VPH. 

Für eine Luftfahrt mit drastisch reduzierten Emissionen sind völlig neue Flugzeugentwürfe nötig. Das Ziel ist gesetzt, bis zur Mitte des Jahrhunderts soll die Luftfahrt in der EU klimaneutral werden. Um diesem Ziel gerecht zu werden, ist neben emissions­armen Antrieben und nachhaltigen Kraftstoffen eine neue hocheffiziente Flugzeug­generation mit vielfältigen neuen Einzel­komponenten nötig. Um schnell auf die drängenden Klimaziele zu reagieren, müssen sich die Entwicklungszeiten neuer Flugzeuge deutlich verkürzen. Derzeit gibt es viele Ansätze, die versprechen Energiebedarf und Emissionen zu reduzieren, wie beispiels­weise hochge­streckte schlanke Flugzeugflügel mit größerer Spannweite und damit reduziertem Widerstand und Treibstoff­verbrauch. Die auch im Projekt untersuchten intelligenten Flügel mit multi­funktionalen Steuerflächen können sich zudem optimal an die unterschiedlichen Bedingungen bei Start und Landung sowie im Reiseflug anpassen. Die variable Anpassung an unter­schiedliche Flugzustände ermöglicht auch die Auslegung leichterer Flügel und somit eine weitere Einsparung von Kraftstoff.

Als nachhaltiger Energie­träger ist beispiels­weise mit erneuerbaren Energien erzeugter Wasserstoff eine Lösung. Für Flugzeuge mit Wasserstoff­antrieb sind disruptive Ansätze nötig, die völlig neue Entwurfs­philosophien erfordern. Markus Fischer sieht die Digitalisierung auch bei dieser Heraus­forderung als besonders hilfreich an: „Gerade bei neuen radikalen Flugzeug­konzepten ermöglicht die konsequente Anwendung validierter digitaler Methoden eine optimale Exploration des Entwurfsraumes. Die Innovations­geschwindigkeit zur Einführung vollständig neuer Flugzeug­technologien lässt sich durch eine effiziente Kombination aus virtueller Produkt­entwicklung und physischen Demonstrationen signifikant erhöhen“. Der entwickelte Prozess ist für verschiedene industrielle Anwendungs­fälle und Flugzeug­komponenten nutzbar. So haben die Wissenschaftler im VPH-Startprojekt neben dem Flügel auch bereits eine erste Prozess­kette für die digitale Entwicklung eines Wasserstoff­tanks aufgebaut.

Die Forschung geht bereits in einem Nachfolge­projekt, gefördert durch das Bremer LuRaFo-Programm, weiter. Zu den Schwerpunkten im VPH 2.0-Projekt gehört die Weiter­entwicklung und Anwendung des im Startprojekt aufgebauten Simulations­prozesses zur durchgängigen Verknüpfung der virtuellen Entwurfs-, Fertigungs- und Testmethoden. Ziel ist ein „Digitaler Zwilling“, also ein vollständig funktions­fähiges, digitales Abbild realer Flugzeug­komponenten. Die weiter­entwickelten Prozesse werden ganz konkret für industrielle Konzepte in den Bereichen „intelligente Flügel und Steuerflächen“ und „Wasser­stofftanks“ angewendet. So wird weiter die Zukunfts­vision virtueller Testflüge und der virtuellen Zerti­fizierung verfolgt für die zeitnahe Einführung zukünftiger klima­verträglicher Flugzeug­programme.

DLR / JOL

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