13.02.2019

Elektronenwellen mit siebenzähliger Symmetrie

Ultrakurze Laserblitze kontrollieren Eigenschaften von Elektronen.

Symmetrien sind in der Natur allgegenwärtig – etwa die Spiegel­symmetrie der Hände oder die sechszählige Symmetrie einer Schneeflocke. Forschern der Uni Oldenburg ist es erstmals gelungen, in Experimenten gezielt Elektronen­wellen zu erzeugen, die eine in der Natur seltene sieben­zählige Symmetrie aufweisen. Das könnte dazu beitragen, neuartige und ultraschnell steuerbare Elektronen­quellen mit ungewöhnlichen Eigenschaften bereitzustellen.

Abb.: Tomographische Rekonstruktion der Aufenthaltswahrscheinlichkeit der...
Abb.: Tomographische Rekonstruktion der Aufenthaltswahrscheinlichkeit der ausgesendeten Photoelektronen bei unterschiedlichen Laserpulsformen, die durch Überlagerung zweier Laserpulse entstehen. (Bild: M. Wollenhaupt, U. Oldenburg)

Bereits vor gut zwei Jahren konnten die Wissenschaftler zeigen, dass sie mit Hilfe extrem kurzer Laserpulse die Ladungstrennung für die Erzeugung von Elektronen­wirbeln nutzen können. „Nun sind wir noch einen Schritt weiter“, sagt Matthias Wollenhaupt, Leiter der Arbeitsgruppe Ultraschnelle Kohärente Dynamik. „Unsere Experimente zeigen, dass es mit Hilfe modernster Laser­techniken gelingt, die Eigenschaften der bei der Photo­ionisation ausgesendeten Elektronen hochpräzise zu kontrollieren. Elektronenwellen mit sieben­zähliger Symmetrie hat bisher noch niemand im Experiment beobachtet.“

Der Schlüssel hierzu sind maßgeschneiderte Laserblitze von der Dauer einiger Femtosekunden. Dank neuartiger experimenteller Techniken können Forscher solche Laserpulse in Raum und Zeit gezielt manipulieren: Durch Überlagerung zweier Laserpulse verschiedener Farbe lassen sich im Experiment nahezu beliebige gerad- oder ungerad­zahlige Symmetrien des Strahlungsfeldes herstellen. Auf diese Weise erzeugen die Forscher beispielsweise nach Belieben abstimmbare propeller­förmige oder herzförmige Laserpuls­formen.

Den Forschern ist es nun erstmals gelungen, diese ungewöhnlichen Symmetrie­eigen­schaften der Laserpulse gezielt auf Elektronen­wellen zu übertragen. Dafür bestrahlten sie ein Ensemble von Natrium-Atomen mit speziell eingestellten Laserfeldern. Natrium-Atome sind dank ihres Aufbaus für solche Experimente besonders geeignet, denn sie besitzen nur ein einziges Elektron in ihrer äußeren Hülle. „Die Ergebnisse offenbaren ein überraschendes Wechselspiel zwischen den Symmetrien des Laserfelds und den beobachteten Eigenschaften der Elektronenwellen“, sagt Team-Mitglied Stefanie Kerbstadt. Neben der sieben­zähligen Symmetrie der Elektronen konnten die Forscher dabei die Photo­elektronen auch halbmond­förmig lokalisieren oder zu einem Wirbel formen.

Diese ultraschnelle Prozesse beobachteten die Forscher mit einer tomographische Methode, die sie selbst entwickelt haben: Ähnlich wie in der medizinischen Computer­tomographie entstehen dabei dreidimensionale Bilder, die das komplexe Geschehen der Ladungs­trennung sichtbar machen. Dabei messen die Physiker die Aufenthalts­wahrschein­lich­keiten der Elektronen, also wie sich die Elektronen in Millionen von Beobachtungen verhalten.

„Mit unseren Experimenten wollen wir grundlegend verstehen, wie man mit zeitlich strukturierten, polarisations­geformten Laser­pulsen die Wechsel­wirkung von Licht und Materie im Innersten kontrollieren kann“, sagt Wollenhaupt. Zwar seien natürliche Prozesse, etwa die Wechselwirkung des Lichts mit großen Molekülen, deutlich komplexer als die Photo­ionisation von Atomen unter Laborbedingungen. Der zugrunde­liegende physikalische Mechanismus sei dennoch auf andere Bereiche der Physik übertragbar, betont er. Ladungsträger kontrolliert auszusenden könnte beispielsweise helfen, elektrische Ströme ultraschnell zu schalten und zu steuern oder neuartige Elektronen­quellen für die Grundlagen­forschung zu entwickeln. Ziel der Wissenschaftler ist zudem, die Erzeugung von noch kürzeren Laserpulsen im Bereich von Attosekunden, also einer tausendstel Femtosekunde, mit diesen neuartigen Laserpulsen zu kontrollieren.

U. Oldenburg / RK

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