09.12.2020

Ein Teleskop für das Dreiländereck

Der Landtag Nordrhein-Westfalens unterstützt das Einstein-Teleskop, einen Gravitationswellendetektor der dritten Generation.

Seit dem ersten direkten Nachweis von Gravitationswellen im September 2015 haben die Entdeckungen von Advanced-LIGO und Advanced-Virgo das Zeitalter der Gravitationswellen-Astronomie eingeläutet. Um das Potenzial dieser neuen Disziplin voll ausschöpfen zu können, planen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits seit Jahren neuartige Gravitationswellendetektoren: mit LISA einen interferometrischen Detektor im All und mit dem Einstein-Teleskop einen Detektor der dritten Generation, der in einer Tiefe von 100 bis 200 Metern Gravitationswellen nachweisen soll – mit einer Empfindlichkeit, die mindestens eine Größenordnung besser ist als die der derzeitigen Detektoren der zweiten Generation.

Im Jahr 2011 haben Forschende die Designstudie für das Einstein-Teleskop vorgelegt, das aus drei verschachtelten Detektoren mit jeweils zwei zehn Kilometer langen Interferometerarmen bestehen soll. Derzeit sind zwei Standorte in der engeren Auswahl: das Dreiländereck Aachen-Lüttich-Maastricht und die italienische Insel Sardinien. Die Entscheidung über den zukünftigen Standort soll innerhalb der nächsten fünf Jahre fallen. Kürzlich hat der Landtag Nordrhein-Westfalens dem Einstein-Teleskop einstimmig seine Unterstützung zugesagt. Gelingt es, das Projekt im Dreiländereck anzusiedeln, würde dies die Forschungskooperationen in der Euregio Maas-Rhein und den Wirtschaftsstandort nachhaltig stärken. Neben dem Einstein-Teleskop wird es weltweit nur einen zweiten Gravitationswellendetektor der dritten Generation geben: den Cosmic Explorer in den USA.

Künstlerische Darstellung des unterirdisch angelegten Einstein-Teleskops....
Künstlerische Darstellung des unterirdisch angelegten Einstein-Teleskops. (Bild: NIKHEF)

Der Landtag in NRW hat nun beschlossen, sich für die Anerkennung des Einstein-Teleskops als wissenschaftliches Vorhaben von nationaler und europäischer Bedeutung einzusetzen und den Wunsch der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu unterstützen, das Projekt auf die Liste des Europäischen Strategieforums für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) zu setzen, die im kommenden Jahr aktualisiert werden soll. Darüber hinaus soll die Landesregierung NRW gemeinsam mit den Niederlanden und Belgien das Einstein-Teleskop auf allen Ebenen voranbringen und sich durch finanzielle Unterstützung begleitender Forschungsvorhaben für dessen Realisierung engagieren. Außerdem soll die Landesregierung sich gegenüber dem Bundesministerium für Bildung und Forschung dafür einsetzen, den geplanten Bau unter eventueller Beteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen finanziell zu unterstützen.

Die Konzeption des Einstein-Teleskops wurde durch einen Zuschuss der Europäischen Kommission unterstützt. Nun hat ein Konsortium aus europäischen Ländern und aus Forschungseinrichtungen und Universitäten in Europa offiziell den Vorschlag für die Realisierung einer solchen Infrastruktur eingereicht. Politisch unterstützt wird die Initiative von Belgien, Polen, Spanien und den Niederlanden, unter Leitung von Italien. Das European Gravitational Observatory in Italien ist vorläufig Hauptansprechpartner für das Projekt. Das ET-Konsortium vereinigt etwa 40 Forschungseinrichtungen und Universitäten in mehreren europäischen Ländern, darunter auch Frankreich, Deutschland, Ungarn, Norwegen, die Schweiz und das Vereinigte Königreich.

Das Einstein-Teleskop wird in der Lage sein, Gravitationswellen im Frequenzbereich von 1 Hz bis 10 kHz nachzuweisen und ein Volumen des Universums zu beobachten, das rund tausendmal größer ist als dasjenige, das aktuellen Observatorien zugänglich ist. Das Einstein-Teleskop und der Cosmic Explorer sollen als Netzwerk zusammenarbeiten und dazu beitragen, die Entwicklung des Universums zu verstehen und die Rolle der Dunklen Energie und Dunklen Materie in Bezug auf die Struktur des Kosmos zu erhellen. Die Detektoren werden jedes Jahr tausende von verschmelzenden Neutronensternen aufspüren und damit unser Verständnis des Verhaltens von Materie unter extremen Bedingungen von Dichte und Druck enorm erweitern.

Maike Pfalz

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