09.01.2020 • PhotonikAtome und Moleküle

Ein Quantenzeiger für die Laseruhr

Neue Methode untersucht gleichzeitig die Bewegung von Elektronen und Atomkernen.

Was passiert genau, wenn ein Molekül auseinander­bricht? Solche Phänomene kann man mit kurzen Laser­pulsen unter­suchen. Doch bei diesen Experi­menten stößt man auf ein großes Problem: Man hat es mit sehr unter­schied­lichen Zeit­skalen zu tun. Die Elektronen bewegen sich so schnell, dass man sie auf einer Skala von Atto­sekunden unter­suchen muss. Die schwereren Teilchen des Moleküls hingegen bewegen sich inner­halb einer Atto­sekunde fast über­haupt nicht. Wenn sie sich von­ein­ander fort­bewegen und das Molekül schließlich ausein­ander­bricht, kann man diese Dynamik nur auf einer viel größeren Zeitskala beobachten.

Abb.: Team-Mitglied Václav Hanus bei der Arbeit an dem Experiment. (Bild: TU...
Abb.: Team-Mitglied Václav Hanus bei der Arbeit an dem Experiment. (Bild: TU Wien)

Forscher der TU Wien haben jetzt eine Methode entwickelt, die beide Zeit­skalen gleich­zeitig zugänglich macht. Dafür wird ein elliptisch polari­sierter Laser­puls verwendet, bei dem die Richtung des elektrischen Feldes wie der Zeiger einer Uhr rotiert. Die Dauer des Laser­pulses ist lang genug, um das vergleichs­weise lang­same Ausein­ander­brechen des Moleküls abbilden zu können, aber die Rotation des elektrischen Feldes – der Zeiger der Uhr – rotiert so schnell, dass man ihn als Zeit­referenz für die ultra­schnelle Dynamik der Elektronen verwenden kann

„In unserem Experiment schießen wir mit einem Laser­puls auf ein Wasser­stoff­molekül“, erklärt Markus Kitzler-Zeiler von der TU Wien. Das Molekül besteht aus zwei Wasser­stoff­atomen – also zwei Protonen und zwei Elektronen. Das elektrische Feld des Laser­pulses reißt ein Elektron heraus, inner­halb von Atto­sekunden verlässt es das Molekül und fliegt davon. Sobald ein Elektron fehlt, verändert sich auch die Bindung zwischen den übrigen Teilchen des Moleküls. Der Abstand zwischen den beiden Protonen wird größer. Wenn dann auch noch das zweite Elektron vom Laser­puls entfernt wird, dann stoßen die beiden Protonen einander ab, und das Molekül hat sich voll­ständig in seine Bestand­teile zerlegt.

Weil jedes Proton aber ungefähr 1836-mal schwerer ist als ein Elektron, bewegen sie sich viel lang­samer. Die zeitliche Entwick­lung der lang­sameren Protonen­bewegung lässt sich, wie das Forschungs­team zeigen konnte, aus der Energie der Protonen nach dem Molekül­aufbruch ablesen. „Wir konnten zeigen, wie die Energie der Protonen mit der Kreis­bewegung des Polari­sations­zeigers zusammen­hängt“, sagt Kitzler-Zeiler. „Eine wichtige Rolle spielt der genaue Zeit­punkt, zu dem die Elektronen das Molekül verlassen: Ihre Bewegung hängt davon ab, in welche Richtung der Polari­sations­zeiger genau in diesem Moment zeigt. Und die Elektronen­bewegung entscheidet dann wiederum darüber, wie sich die Protonen bewegen. Diese Verknüpfung ermöglicht es uns, ganz unter­schied­liche Bewegungs­muster von Elektronen und Protonen im Molekül während des Ausein­ander­brechens zu unter­scheiden.“

Nach den Gesetzen der Quanten­physik hat jedes Teilchen auch Wellen­eigen­schaften – das gilt auch für die Protonen im Molekül. Mit der neuen Methode ist es nun möglich, die Quanten­welle der Protonen mit bemerkens­werter Genauig­keit zu messen. „Wir können die Quanten­welle mit einer Auflösung von einem Piko­meter messen, das ist ein Hundertstel vom Durch­messer eines Wasser­stoff­atoms. Die zeit­liche Auflösung der Methode mit der Rotation des Licht­felds ist eben­falls sehr hoch und liegt bei wenigen Atto­sekunden.“, sagt Kitzler-Zeiler. „Wir können also extrem scharfe Bilder von der Bewegung der Protonen aufnehmen.“

„Unser Experiment zeigt, dass die Methode funktio­niert: Man kann elliptisch polari­sierte Laser­pulse verwenden, um elektro­nische und atomare Dynamik gleich­zeitig sichtbar zu machen“, so Kitzler-Zeiler. Das Team hat dafür ein Wasser­stoff­molekül verwendet, weil man dieses einfache Molekül sehr gut kennt – aber nun kann man die Methode auch für kompli­ziertere Moleküle anwenden. Die Präzision der Methode reiche aus, um wichtigen Fragen der Molekül­physik gezielt nachgehen zu können, so die Forscher.

TU Wien / RK

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