16.06.2022

Ein bunter Strauß von Galaxien

Größtes Nahinfrarotbild des Hubble-Weltraumteleskops veröffentlicht.

Ein internationales Team von Forschern, darunter Ivelina Momcheva vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA), hat das größte Nahinfrarot­bild veröffentlicht, welches das Hubble-Weltraum­teleskop, das von der NASA und der ESA betrieben wird, je aufgenommen hat. Es ermöglicht den Astronomen, die Stern­entstehungs­gebiete des Universums zu kartieren und zu lernen, wie die frühesten und entferntesten Galaxien entstanden sind. Diese hochauflösende Durch­musterung mit dem Namen 3D-DASH ist insbesondere dazu geeignet, seltene Objekte und Ziele für Folgebeobachtungen mit dem kürzlich gestarteten Weltraum­teleskop James Webb (JWST) während dessen Mission zu finden.

 

Abb.: Galaxien der letzten zehn Milliarden Jahre, die im 3D-DASH-Programm...
Abb.: Galaxien der letzten zehn Milliarden Jahre, die im 3D-DASH-Programm beobachtet wurden, erstellt mit 3D-DASH/F160W- und ACS-Cosmos/F814W-Aufnahmen. (Bild: L. Mowla)

„Seit seinem Start vor mehr als dreißig Jahren hat das Hubble-Weltraum­teleskop eine Renaissance in der Erforschung der Entwicklung von Galaxien der letzten zehn Milliarden Jahre des Universums ausgelöst“, sagt Lamiya Mowla, Dunlap Fellow am Dunlap Institute for Astronomy & Astrophysics der Fakultät für Kunst und Wissenschaft der Universität Toronto und Hauptautorin der Studie. „Das 3D-DASH-Programm vergrößert das Erbe von Hubble im Hinblick auf Weitwinkel­aufnahmen insofern, als dass wir damit beginnen können, die Geheimnisse der Galaxien jenseits unserer eigenen zu enträtseln.“

3D-DASH bietet den Forschern zum ersten Mal eine vollständige Nahinfrarot-Durchmusterung des gesamten Cosmos-Feldes, eines der reichhaltigsten Datensätze für extra­galaktische Studien außerhalb der Milchstraße. Da das nahe Infrarot die längste und röteste Wellenlänge ist, die mit Hubble beobachtet werden kann – knapp jenseits dessen, was für das menschliche Auge sichtbar ist – können die Astronomen die frühesten und am weitesten entfernten Galaxien besser erkennen.

Außerdem müssen sie einen großen Bereich des Himmels absuchen, um seltene Objekte im Universum zu finden. Bislang war ein so großes Bild nur vom Boden aus verfügbar und litt unter einer schlechten Auflösung, was die Beobachtungs­möglichkeiten einschränkte. 3D-DASH wird dazu beitragen, einzigartige Phänomene wie die massereichsten Galaxien des Universums, hochaktive schwarze Löcher und Galaxien zu identifizieren, die kurz davor stehen, miteinander zu kollidieren und zu verschmelzen.

„Ich bin neugierig auf Riesengalaxien, die massereichsten Galaxien im Universum, die durch die Verschmelzung anderer Galaxien entstanden sind. Wie haben sich ihre Strukturen entwickelt und was hat ihre Form verändert?“, sagt Mowla, die 2015 als Doktorandin an der Yale University mit dem Projekt begann. „Es war schwierig, diese extrem seltenen Ereignisse mit vorhandenen Aufnahmen zu untersuchen, und das war der Grund für die Konzeption dieser großen Durchmusterung.“

Um einen so ausgedehnten Himmelsbereich abzubilden, setzten die Forscher eine neue Technik mit Hubble ein, die als Drift And SHift (DASH) bekannt ist. DASH erzeugt ein Bild, das achtmal größer ist als das Standard-Sichtfeld von Hubble, indem mehrere Aufnahmen gemacht werden, die dann zu einem Gesamtmosaik zusammengefügt werden, ähnlich wie bei der Aufnahme eines Panoramabildes mit einem Smartphone. DASH nimmt auch schneller Bilder auf als die übliche Methode, indem es acht Bilder pro Hubble-Umlaufbahn aufnimmt, anstatt eines einzigen Bildes, wodurch in 250 Stunden erreicht wird, was vorher 2000 Stunden gedauert hätte.

„3D-DASH fügt dem Cosmos-Feld eine neue Ebene einzigartiger Beobachtungen hinzu und ist auch ein Sprungbrett für die Weltraum­durchmusterungen des nächsten Jahrzehnts“, sagt Ivelina Momcheva, Leiterin der Daten­wissenschaft am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und leitende Wissenschaftlerin der Studie. „Sie gibt uns einen Vorgeschmack auf zukünftige wissenschaftliche Entdeckungen und ermöglicht uns die Entwicklung neuer Techniken zur Analyse dieser großen Datensätze.“

3D-DASH deckt eine Gesamtfläche ab, die von der Erde aus gesehen fast sechsmal so groß ist wie der Mond am Himmel. Dieser Rekord wird wahrscheinlich auch vom Hubble-Nachfolger JWST nicht gebrochen werden. Dieses wurde eher für empfindliche Nahaufnahmen gebaut, um feine Details eines kleinen Gebiets zu erfassen. Es ist das größte Nahinfrarot­bild des Himmels, das Astronomen zur Verfügung steht, bis die nächste Generation von Teleskopen wie das Nancy Grace Roman Space Telescope und Euclid im nächsten Jahrzehnt in Betrieb gehen. Das MPIA ist beiden Projekten beteiligt, sowohl wissenschaftlich als auch in der Entwicklung von Messinstrumenten.

Bis dahin können professionelle Astronomen und Hobby-Sterngucker den Himmel mit einer interaktiven Online-Version des 3D-DASH-Bildes erkunden, die von Gabriel Brammer, Professor am Cosmic Dawn Center des Niels-Bohr-Instituts der Universität Kopenhagen, erstellt wurde.

MPIA / DE

 

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