16.09.2021 • AstrophysikAstroteilchenphysik

Die Rolle von Pulsaren bei der Entstehung der galaktischen kosmischen Strahlung

Neue Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe am Erlangen Centre for Astroparticle Physics.

„Es wäre für mich die Erfüllung eines Traumes“, sagt Alison Mitchell, die von der ETH Zürich an die Uni Erlangen-Nürnberg wechselt. Ab Oktober soll Mitchell mit ihrer Emmy-Noether-Nachwuchs­gruppe am Erlangen Centre for Astroparticle Physics die Rolle von Pulsaren bei der Entstehung der galak­tischen, hoch­energe­tischen kosmischen Strahlung unter­suchen. Das Projekt ist auf sechs Jahre ausgelegt und wird mit fast 1,5 Millionen Euro gefördert.

Abb.: Künstlerische Dar­stel­lung der im Bau be­find­lichen...
Abb.: Künstlerische Dar­stel­lung der im Bau be­find­lichen Süd­kom­po­nente des Che­ren­kov Tele­scope Array. (Bild: G. Pérez Diaz, IAC, SMM)

Die galaktische kosmische Strahlung entsteht inner­halb unserer Milch­straße. Sie besteht haupt­säch­lich aus Protonen, Ionen, Positronen und Elektronen, die unter extremen Bedingungen beschleunigt werden und mit hoher Energie auf die Erde treffen. Da bei dieser Beschleunigung hoch­ener­ge­tische Photonen erzeugt werden, liefert auch Gamma­strahlung Hinweise auf die kosmischen Beschleuniger. Geladene Teilchen werden auf ihrem langen Weg zur Erde von inter­stellaren Magnet­feldern abgelenkt. Die Forschung nach dem Ursprung der kosmischen Strahlung konzentriert sich daher auf ungeladene Teilchen wie Photonen oder Neutrinos. Denn sie treffen die Erde auf direktem Weg und geben somit Auskunft über ihren Ent­stehungs­ort. Mitchell ist eine weltweit führende Wissen­schaftlerin der Unter­suchung hoch­energe­tischen Photonen aus dem Weltall.

Woher die kosmische Strahlung kommt, ob eine oder mehrere Quell­popu­la­tionen verant­wort­lich sind, ist noch immer nicht geklärt. Zu den aussichts­reichsten Kandidaten zählen Reste von Supernovae, die Umgebung von Pulsaren und schwarze Löcher. „Viele Kollegen präferieren die Überreste von Supernovae, doch der experi­men­telle Nachweis ist bisher nicht eindeutig gelungen“, sagt Mitchell. Je länger die Stern­explosion zurück­liege, desto geringer die erwartete Beschleunigung. Zudem können theoretische Unter­suchungen noch nicht über­zeugend zeigen, dass Teilchen in den Über­resten einer Supernova auf die extrem hohen Energien beschleunigt werden können, die in der kosmischen Strahlung auftreten, so Mitchell. Daher sucht die Wissen­schaft nach anderen Erklärungen. Mehrere Forschungs­gruppen arbeiten an theore­tischen Modellen, nach denen die Umgebung von Pulsaren für den Ursprung der galak­tischen kosmischen Strahlung verant­wort­lich ist.

Erst seit 2019 konnte nach­ge­wiesen werden, dass Pulsar­wind­nebel in der Lage sind, Positronen und Elektronen auf Energien von 1015 Elektronen­volt zu beschleunigen. Die Haupt­kompo­nente der galak­tischen kosmischen Strahlung, also Protonen und Ionen, könnten demnach eben­falls ihren Ursprung in der Umgebung eines Pulsars haben. Für die Beschleunigung der Protonen durch Pulsare und deren Umgebung möchte Mitchell den erhofften experi­men­tellen Nachweis erbringen. „Soweit ich weiß, ist das geplante umfassende Forschungs­programm weltweit einzig­artig“, sagt die Physikerin.

Da die hoch­energe­tischen Teilchen mit Satelliten nur schwer nach­zu­weisen sind, nutzen Forscher die irdische Atmo­sphäre als Detektor: Tscherenkow-Teleskope fangen das schwache Leuchten ein, das entsteht, wenn ein Photon der Gamma­strahlung auf die Atmosphäre trifft. Mit den fünf Empfängern des HESS-Teleskops in Namibia lässt sich die Richtung der Gamma­strahlung exakt bestimmen. Mitchell arbeitet auch mit dem im Bau befindlichen inter­nationalen Groß­projekt der erd­basierten Gamma­strahlen-Astronomie, dem Cherenkov Telescope Array, zusammen. „Im Laufe des Projekts werden weitere CTA-Teleskope auf der Kanaren­insel La Palma und in Chile dazu­kommen, die eine höhere Auflösung und ein größeres Gesichts­feld haben“, erklärt Mitchell.

Mithilfe von Algorithmen soll die Auflösung der Teleskope verbessert werden. Derzeit werden auch neue Methoden entwickelt, um räumlich ausgedehnte Gamma­strahlen-Quellen zu erfassen. Wegen ihrer führenden Stellung auf dem Gebiet der theore­tischen Astrophysik und der Neutrino-, Röntgen- und Gamma­strahlen­astronomie biete die Uni Erlangen-Nürnberg viele Schnitt­stellen für ihr Projekt, sagt Mitchell. „Höchst­wahr­schein­lich sind sowohl Supernovae als auch Pulsare für die galak­tische kosmische Strahlung verant­wort­lich, aber ich glaube, dass Pulsare bis auf tausend­fach höhere Energien beschleunigen können als die Über­reste von Supernovae.“

FAU / RK

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