22.12.2017

Die magnetische Kerzenflamme

Im Feld eines Supermagneten verbiegt sich sogar eine Kerzenflamme.

Mit Hilfe eines Supermagneten gelingt es auf einfache Weise, magnetische Eigenschaften in Stoffen aufzuspüren, die bislang kaum mit Magnetismus in Verbindung gebracht wurden. So kann man beispielsweise zeigen, dass (wasserhaltige) Früchte von einem Magneten abgestoßen werden. Dabei reagiert vor allem das diamagnetische Wasser, das von einem Magnetfeld abgestoßen wird.

Die Überraschung wird noch gesteigert, wenn man demonstriert, dass auch Gase magnetisch sind. Um das beispielhaft zu zeigen genügt es, sich mit einem oder besser noch einer Kombination mehrerer Supermagnete langsam der Flamme einer ruhig brennenden Kerze zu nähern (Abbildung 1). Ungestört von Luftströmungen wird die Kerzenflamme vom Magneten abgestoßen. Dies deutet darauf hin, dass sie diamagnetisch ist.

Abb. 1 Nähert man sich mit einem starken Supermagneten einer ruhig brennenden Kerzenflamme, so wird diese vom Magneten abgelenkt (Fotos: Jan Schlichting). 

Die Flamme kommt dadurch zustande, dass gasförmiges Kerzenwachs verbrennt, also der Gasstrom mit Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf an- und von Sauerstoff abgereichert wird. Das veranschaulicht die vereinfachte Summenformel der chemischen Reaktion:

CH2 + 3/2 O2 --> CO2 + H2O + Energie.

Außerhalb der Flamme ist also die Konzentration von Sauerstoff größer und die von Kohlenstoffdioxid kleiner als im Gasstrom der Flamme.

Die magnetischen Eigenschaften von Stoffen sind durch die Suszeptibilität charakterisiert. Das ist eine einheitenlose Größe, die die Magnetisierbarkeit von Materie in einem äußeren Magnetfeld angibt. Im einfachsten Fall handelt es sich um die für den jeweiligen Stoff charakteristische Proportionalitätskonstante des Verhältnisses von Magnetisierbarkeit und Magnetfeldstärke. Die Werte für Suszeptibilitäten verschiedener Stoffe findet man in einschlägigen Tabellenwerken:

O2:    + 3449 (10-6 cm3 mol-1)
CO2: - 21 (10-6 cm3 mol-1)
H2O: -13 (10-6 cm3 mol-1)

Hierin bedeuten die Vorzeichen, ob der jeweilige Stoff von einem Magneten angezogen (+) oder abgestoßen (-) wird. Die Anziehung ist typisch für eine paramagnetische und die Abstoßung für eine diamagnetische Wechselwirkung. Die Werte zeigen, dass das paramagnetische Sauerstoffgas eine im Vergleich zum diamagnetischen Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf eine um Größenordnungen größere Suszeptibilität aufweist und folglich das Geschehen dominiert. Durch die starke Anziehung des Sauerstoffs in der Nähe des inhomogenen Magnetfelds hin zu höheren Feldstärken werden die strömenden sauerstoffärmeren Gase in der Flamme und damit die Flamme selbst verdrängt; die Flamme neigt sich vom Magnetfeld weg. Über die in der Flamme angereicherten Gase, Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf, muss man sich keine Gedanken machen, weil sie zum einen eine vergleichsweise geringe magnetische Wirkung ausüben. Zum anderen werden sie aufgrund ihres Diamagnetismus vom Magneten abgestoßen und tragen noch zu einer Verstärkung der Abstoßung bei.

Magnetische Eigenschaften von Gasen und Flüssigkeiten sind aus verschiedenen Gründen für die Forschung, Didaktik und Anwendung interessant, beispielsweise zur Beeinflussung von Fluidströmen.

Hans J. Schlichting, Münster

Der Originalartikel ist in der aktuellen Augabe von Physik in unserer Zeit erschienen.

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