06.07.2022

Der Teilchenzoo wächst weiter

Nachweis von drei neuen Teilchen mit dem Large Hadron Collider am Cern geglückt.

Die inter­nationale LHCb-Kollaboration am Large Hadron Collider (LHC) hat drei noch nie dagewesene Teilchen beobachtet: eine neue Art von Pentaquark und das allererste Paar von Tetraquarks. Die Ergebnisse, die diese Woche auf einem Seminar am Forschungs­zentrum Cern vorgestellt wurden, fügen der wachsenden Liste neuer Hadronen, die am LHC entdeckt wurden, drei neue exotische Teilchen hinzu. Sie werden den Physikern helfen, besser zu verstehen, wie sich Quarks zu diesen Teilchen verbinden.

Abb.: Illustration eines der neu entdeckten Pentaquarks. (Bild: Cern)
Abb.: Illustration eines der neu entdeckten Pentaquarks. (Bild: Cern)

Normaler­weise schließen sich die Quarks der sechs Typen – up, down, charm, strange, top und bottom – in Zweier- und Dreiergruppen zusammen, um Hadronen wie die Protonen und Neutronen zu bilden, aus denen Atomkerne bestehen. Seltener können sie sich aber auch zu Vier- und Fünf-Quark-Teilchen, den Tetra- und Pentaquarks, zusammen­schließen. Diese exotischen Hadronen wurden von Theo­retikern zur gleichen Zeit wie die konven­tionellen Hadronen vorhergesagt, also vor etwa sechs Jahrzehnten, aber erst in den letzten zwanzig Jahren wurden sie vom Detektor LHCb und anderen Experi­menten beobachtet.

Bei den meisten der entdeckten exotischen Hadronen handelt es sich um Tetra- oder Pentaquarks, die ein charm-Quark und ein charm-Antiquark enthalten, während die verbleibenden zwei oder drei Quarks up-, down- oder strange-Quarks oder deren Antiquarks sind. In den vergangenen zwei Jahren hat LHCb jedoch verschiedene Arten von exotischen Hadronen aufgespürt. Vor zwei Jahren entdeckte die Kolla­boration ein Tetraquark, das aus zwei charm-Quarks und zwei charm-Antiquarks besteht, sowie zwei open-charm-Tetraquarks, die aus einem charm-Antiquark, einem up-Quark, einem down-Quark und einem strange-Antiquark bestehen. Und im vergangenen Jahr wurde erstmals ein doppeltes open-charm-Tetraquark mit zwei charm-Quarks sowie einem up- und einem down-Antiquark gefunden.

Die nun vorgestellten Entdeckungen umfassen neue Arten von exotischen Hadronen. Die erste Art, die bei der Analyse von Zerfällen negativ geladener B-Mesonen beobachtet wurde, ist ein Pentaquark, das aus einem charm-Quark und einem charm-Antiquark sowie einem up-, einem down- und einem strange-Quark besteht. Es ist das erste Pentaquark, das ein seltsames Quark enthält. Die statistische Signifikanz dieser Entdeckung liegt bei 15 Standard­abweichungen und damit weit über den fünf Standard­abweichungen, die in der Teilchen­physik für die Beobachtung eines Teilchens erforderlich sind.

Die zweite Entdeckung ist ein doppelt elektrisch geladenes Tetraquark. Es handelt sich um ein open-charm-Tetraquark, das aus einem charm-Quark, einem strange-Antiquark sowie einem up-Quark und einem down-Antiquark besteht. Es wurde zusammen mit seinem neutralen Gegenstück in einer gemein­samen Analyse der Zerfälle von positiv geladenen und neutralen B-Mesonen entdeckt. Die neuen Tetraquarks, die mit einer ebenfalls hohen statis­tischen Signifikanz beobachtet wurden, sind das erste Beispiel für ein Tetraquark-Paar. „Je mehr Analysen wir durchführen, desto mehr Arten von exotischen Hadronen finden wir“, sagt der LHCb-Koor­dinator Niels Tuning. „Wir erleben eine ähnliche Entdeckungs­phase wie in den 1950er Jahren, als ein Teilchenzoo von Hadronen entdeckt wurde, der schließlich in den 1960er Jahren zum Quarkmodell der konven­tionellen Hadronen führte. Wir sind dabei, einen Teilchenzoo 2.0 zu schaffen.“

„Die Entdeckung neuer Arten von Tetraquarks und Pentaquarks und die Messung ihrer Eigenschaften wird Theoretikern helfen, ein einheit­liches Modell exotischer Hadronen zu entwickeln, deren genaue Natur noch weitgehend unbekannt ist“, sagt LHCb-Sprecher Chris Parkes. „Es wird auch dazu beitragen, konven­tionelle Hadronen besser zu verstehen.“ Während einige theo­retische Modelle exotische Hadronen als einzelne Einheiten aus fest gebundenen Quarks beschreiben, sehen andere Modelle sie als Paare von Standard-Hadronen vor, die lose in einer molekül­artigen Struktur gebunden sind. 

Cern / JOL

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