25.02.2020 • Planetenforschung

Der Mars bebt wie die Schwäbische Alb

Erste Ergebnisse der Mission InSight – und ein neuer Plan für den Marsmaulwurf.

Der Mars ist ein seismisch aktiver Planet. Er bebt mehrmals täglich, zwar nicht besonders stark, aber doch deutlich messbar. Das ist eines von vielen Ergebnissen der Auswertung von Messdaten der NASA-Landesonde InSight, die seit 2019 als geophysikalisches Observatorium auf der Marsoberfläche steht. Mit dem Seismometer SEIS konnten von Februar bis September 2019 insgesamt 174 seismische Ereignisse aufgezeichnet werden. Zwanzig dieser Marsbeben hatten eine Magnitude von 3 bis 4. Beben dieser Stärke entsprechen schwachen Beben, wie sie auf der Erde immer wieder inmitten von Kontinentalplatten auftreten, in Deutschland beispielsweise am Südrand der Schwäbischen Alb. Obwohl nur eine einzige Messstation zur Verfügung steht, konnte mit Hilfe von Modellen zur Wellenausbreitung im Marsboden der wahrscheinliche Herd zweier dieser Beben ermittelt werden: Er liegt in der Region Cerberus Fossae, einem jungen vulkanischen Gebiet etwa 1700 Kilometer östlich vom Landeplatz.

Abb.: Die Region Cerberus Fossae auf dem Mars ist von Vulkanismus und Tektonik...
Abb.: Die Region Cerberus Fossae auf dem Mars ist von Vulkanismus und Tektonik geprägt. (Bild: ESA / DLR / FU Berlin)

Ähnlich wie auf dem Mond scheint die Kruste bis in eine Tiefe von einigen Kilometern stark zerrüttet zu sein – dennoch ähneln die seismischen Signale mehr denen auf der Erde. Die Mission wird noch mindestens das ganze Jahr 2020 fortgeführt und liefert kontinuierlich weitere Daten. Meteoriteneinschläge hat das Instrument bislang nicht registriert. Allerdings war im Voraus klar, dass während der Missionsdauer nur mit einzelnen Einschlägen zu rechnen ist.

InSight war am 26. November 2018 in der Ebene Elysium Planum, viereinhalb Grad nördlich des Äquators und 2613 Meter unterhalb des Referenzniveaus auf dem Mars gelandet. Die weitere Umgebung von InSight ist geologisch nicht besonders aufregend, aber genau das war eines der wichtigsten Kriterien bei der Auswahl der Landestelle: flach, eben, so wenig Felsen und Steine wie möglich. Die ganze Region besteht aus erstarrten Lavaströmen, die vor zweieinhalb Milliarden Jahren erstarrt sind und in der Folgezeit durch Meteoriteneinschläge und Verwitterung zu Regolith zerkleinert wurde. Vermutlich gibt es bis in mindestens drei Meter Tiefe keine größeren Felsbrocken.

Hauptziel von InSight ist die Untersuchung von Aufbau und Struktur des Mars, seiner thermischen Entwicklung und seinem jetzigen inneren Zustand und der aktuellen seismischen Aktivität. Kräfte und Energien im Inneren eines planetaren Körpers steuern über Jahrmilliarden die geologischen Prozesse, deren Ergebnisse an der Oberfläche sichtbar sind, beispielsweise Vulkanismus und tektonische Brüche in der starren Kruste.

Ein überraschendes Ergebnis von InSight ist die Messung eines lokalen Magnetfelds, das zehnmal stärker ist, als es durch Beobachtungen aus dem Marsorbit vorhergesagt wurde. Dieses Magnetfeld wird durch magnetisierte Minerale im Gestein erzeugt. Die Magnetisierung stammt letztlich von einem planetenweiten Magnetfeld aus der Frühgeschichte des Mars.

An der Landestelle von InSight gibt es im Tagesverlauf größeren Temperaturunterschieden als auf der Erde: Mittags erwärmt dort, nahe dem Marsäquator, die hochstehende Sonne den feinen Sand an der Oberfläche auf Temperaturen, die an den meisten Tagen über dem Gefrierpunkt liegen, während die dünne Luft 10 bis 20 Grad Celsius kälter bleibt. Nachts sinken die Temperaturen dagegen auf minus 90 Grad Celsius und tiefer. Tagsüber entwickelt sich infolge der Temperaturzunahme ein charakteristisches Wettermuster mit auffrischenden und nachmittags wieder nachlassenden Winden. Sogar die Spuren kleiner Windhosen haben die Wissenschaftler am Boden identifiziert, nachdem ihr Verlauf vom NASA-Orbiter MAVEN aus der Umlaufbahn aufgezeichnet wurde. Die Windhosen können sogar den Marsboden ein wenig anheben, was vom Seismometer registriert wird. Das erlaubt Rückschlüsse auf Materialeigenschaften im unmittelbaren Untergrund. Nachts beruhigt sich das Wetter merklich, so dass das beste Zeitfenster für die Registrierung entfernter Marsbeben in der ersten Nachthälfte liegt, weil praktisch kein atmosphärisches Rauschen das Experiment beeinträchtigt.

In die bisherige wissenschaftliche Bestandsaufnahme fließen auch Messungen und Beobachtungen des DLR-Experiments HP³ ein, wie beispielsweise die Radiometerdaten und die vom bisherigen Experimentverlauf abgeleiteten Bodeneigenschaften, wobei das Hämmern des Marsmaulwurfs unter anderem als seismische Quelle zur Analyse der oberen Bodenschicht diente. Allerdings war es bisher nicht möglich, mit der selbsthämmernden Thermalsonde tiefer als 38 Zentimeter in den dortigen Marsboden mit seinen auch für den Mars ungewöhnlichen Eigenschaften einzudringen. Im Herbst 2019 schien das Experiment auf einem guten Weg zu sein: Dem Marsmaulwurf konnte durch die Greifarm-Schaufel ein seitlicher Halt gegeben werden, was die für das Vordringen notwendige Reibung bereitstellte.

„Nachdem der Maulwurf fast vollständig im Marsboden war, kam er wieder ein Stück aus dem Boden heraus. Mittler­weile ist er mit wieder­holtem seit­lichen Druck des Greifarms wieder ein Stück tiefer in den Boden vorge­drungen mit einer zuletzt erneuten leichteren Rückwärts­bewegung“, erklärt Tilman Spohn vom DLR-Institut für Planeten­forschung, der wissen­schaft­liche Leiter des HP³-Experi­ments, den bisherigen Verlauf. „Nun wollen wir in den kommenden Wochen durch Druck des Greifarms von oben effektiver helfen.“ Die an der Mission beteiligten Wissen­schaftler, Techniker und Ingenieure arbeiten seit Monaten akribisch mit dem Maulwurf auf dem Mars sowie mit Simula­tionen, Modellen und Tests auf der Erde an einer Lösung.

DLR / RK

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