02.04.2020 • Medizinphysik

Corona-Forschung an BESSY II

Zwei Tage Messbetrieb für die Suche nach dem richtigen Schlüssel.

Die Synchrotronquelle BESSY II des Helmholtz-Zentrums Berlin nimmt für zwei Tage den Betrieb wieder auf. Mit der intensiven Röntgen­strahlung von BESSY II wollen Forscher nach Wirk­stoffen gegen das Corona­virus SARS-CoV2 suchen. Fast zwei­hundert Proben aus einem wichtigen Protein des Virus werden unter­sucht. Die Proben sind mit unter­schied­lichen Molekülen getränkt, die als Bestand­teile von Wirk­stoffen in Frage kommen. Die Analysen werden zeigen, ob bestimmte Moleküle besonders gut an das Protein­molekül andocken und damit die Vermehrung des Virus behindern können. Diese Moleküle könnten Bestand­teile eines künftigen Wirk­stoffs werden.

Abb.: Die Coronavirus-Protease: Das kleine Molekül in Gelb bindet an das...
Abb.: Die Coronavirus-Protease: Das kleine Molekül in Gelb bindet an das aktive Zentrum der Protease und könnte als Blaupause für einen Hemmstoff dienen. (Bild: H. Tabermann, HZB)

Im Februar hatten Rolf Hilgenfeld von der Uni Lübeck und sein Team an BESSY II die Struktur eines Proteins des SARS-CoV-2-Virus entschlüsselt. Es handelt sich dabei um die Haupt­protease, die an der Vermehrung der Viren beteiligt ist. Für die Funktion dieser Protease ist ihre drei­dimen­sionale Gestalt entscheidend, insbesondere die Umgebung von aktiven Zentren im Molekül. Durch Messungen an den MX-Messplätzen an BESSY II konnte die 3D-Struktur der Protease im Detail ermittelt werden. „Das war ein großer Durchbruch“, sagt Manfred Weiss, der das MX-Team an BESSY II leitet. „Sobald die 3D-Struktur bekannt ist, kann man gezielt nach Wirk­stoffen suchen, die diese Protease blockieren und damit die Vermehrung der Viren verhindern.“

An BESSY II hat das MX-Team seit einigen Jahren ein Verfahren aufgebaut, das nun eine systema­tische Suche nach Wirkstoffen ermöglicht: Das Fragment-Screening. Denn ein geeigneter Wirk­stoff muss Bestand­teile oder Fragmente besitzen, die genau auf die 3D-Struktur des Proteins zuge­schnitten sind. Sie müssen wie ein Schlüssel ins Schloss passen, damit sie die Funktion des Proteins behindern.

Eine Fragment-Bibliothek besteht aus Hunderten von Molekül­gruppen, die als Bestand­teile von Wirk­stoffen in Frage kommen. Und wie ein Einbrecher einen Dietrich nutzt, um nach und nach heraus­zu­finden, wie der perfekte Schlüssel für den Safe aussieht, so kann die Forschung das Fragment-Screening nutzen. Nach und nach werden damit unter­schied­liche Moleküle getestet, bis die besten Komponenten für einen passenden Wirk­stoff iden­ti­fiziert sind.

Linlin Zhang aus dem Team der Uni Lübeck hat eine große Anzahl von Protein­kristallen herge­stellt und jede Probe mit einer anderen Verbindung aus der Fragment-Bibliothek getränkt. Diese Proben werden jetzt an BESSY II untersucht. Aus den Ergebnissen lässt sich ermitteln, welche Fragmente über­haupt im aktiven Zentrum der viralen Protease andocken. Diese Fragmente kommen dann als Bestand­teile für einen Wirk­stoff in Frage.

„Natürlich müssen im Anschluss weitere Experi­mente und Mess­reihen erfolgen, sowohl Versuche am Tier­modell als auch an mensch­lichen Zell­kulturen“, sagt Weiss. Aber angesichts der unend­lichen Anzahl von chemischen Verbin­dungen bietet diese systema­tische Vorauswahl an viel­ver­sprechenden Bausteinen die Chance auf eine enorme Beschleunigung. „Wir haben zunächst mit der kleineren Bibliothek aus 96 Fragmenten begonnen. Aber sollte es nicht genug Treffer geben, können wir auch auf eine deutlich größere Bibliothek zugreifen.“

HZB / RK

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