23.03.2021

Bis auf den Nanometer genau

MINSTED-Mikroskop erreicht extrem hohe Auflösung für Fluoreszenzmoleküle.

Wissenschaftler um Stefan Hell vom Göttinger Max-Planck-Institut für bio­physikalische Chemie und dem Heidelberger MPI für medizinische Forschung haben eine neue Licht­mikroskopie-Methode entwickelt, MINSTED genannt. Sie trennt fluoreszenz­markierte Details mit molekularer Schärfe. „Vor gut zwanzig Jahren haben wir mit der STED-Mikroskopie die Beugungs­grenze des Lichts in der Fluoreszenz-Licht­mikroskopie grundlegend durchbrochen,“ so Hell. „Damals haben wir geträumt: STED soll eines Tages so gut werden, dass man damit einzelne Moleküle trennen kann, die nur ein paar Nanometer voneinander entfernt sind. Jetzt ist uns das gelungen.“ Das STED-Prinzip kam damals einer Revolution in der Licht­mikroskopie gleich. Dafür erhielt Hell 2014 den Nobelpreis für Chemie.

Abb.: MINSTED löst fluoreszenz­markierte Proteine in den Mitochon­drien...
Abb.: MINSTED löst fluoreszenz­markierte Proteine in den Mitochon­drien einer Zelle deutlich höher auf als frühere Methoden. (Bild: M. Weber, MPI bpc)

In seiner ursprüng­lichen Fassung erreicht die STED-Mikroskopie eine Trenn­schärfe von bis zu zwanzig Nanometern und ist damit etwa zehn Mal schärfer als die bis dahin verfügbaren Licht­mikroskope. 2016 konnten Hell und seine Mitarbeiter die Auflösung noch einmal um das Zehnfache steigern: Für die MINFLUX-Nano­skopie kombinierten sie ein Element aus dem STED-Prinzip mit einem aus einer anderen Mikroskopie-Technik, PALM/STORM, und erreichten so erstmals eine Trennschärfe von wenigen Nanometern. MINFLUX kann Fluoreszenz­moleküle auf molekularen Skalen sichtbar machen – schärfer geht es nicht mehr.

MINFLUX wird aber nicht die einzige molekular auflösende Methode bleiben, sondern verkörpert nur das erste Beispiel für eine neue Familie von Fluoreszenz­mikroskopen, die bis auf molekulare Skalen vordringen können – davon war Hell überzeugt. Mit MINSTED liefern seine Mitarbeiter und er jetzt den Beweis dafür. Wie der Name schon sagt, trägt MINSTED noch mehr als MINFLUX vom ursprüng­lichen STED-Prinzip in sich. „Und das bringt Vorteile,“ sagt Michael Weber, Doktorand in Hells Labor. „Es erreicht wie MINFLUX molekulare Auflösung, aber das Hintergrundrauschen ist geringer. Hinzu kommt, dass man die Auflösung von 200 Nanometern bis hinunter zur Molekülgröße – einem Nanometer – nun fast stufenlos einstellen kann.“

Mit MINSTED knüpft Hell so an seinen gut 20 Jahre zurück­liegenden Durchbruch mit STED an und schöpft das volle Potenzial dieser Technik aus. „Mikroskopie auf mole­kularer Skala ist somit auf eine breite physi­kalische Basis gestellt. Es ist zu erwarten, dass MINSTED und MINFLUX grund­legende Verfahren werden, die in den Lebenswissenschaften vielfach Anwendung finden“, so der Physiker. Bei STED wurden benachbarte fluores­zierende Moleküle werden nacheinander an- und ausgeschaltet. Dafür schickt das STED-Mikroskop einem die Moleküle anregenden Laser­strahl einen zweiten hinterher, den STED-Strahl, der die Moleküle am Fluoreszieren hindert. Der STED-Strahl hat aber in der Mitte ein „Loch“; er ist also Donut-förmig. Nur die Moleküle in der Mitte dieses Donutstrahls können somit leuchten. Daher weiß man immer, wo sich die leuchtenden Moleküle befinden. STED erreicht in der Praxis allerdings keine mole­kulare Auflösung, weil sich der Donutstrahl, der das Leuchten unterdrückt, nicht so stark machen lässt, dass nur noch ein einziges Molekül ins Loch passt.

Deshalb werden bei MINSTED die Fluoreszenz­moleküle erst einmal vereinzelt und räumlich verstreut ein- und ausgeschaltet, und zwar nicht mit dem STED-Donutstrahl sondern über einen photo­chemischen Schaltprozess. Den STED-Donutstrahl benutzt man aber dazu, die Fluoreszenz­moleküle einzeln zu orten. Dabei dient sein Loch als Referenz­punkt. „Fällt das Loch mit dem Molekül zusammen, so leuchtet dieses am stärksten und man weiß genau, wo es ist. Denn die Position des STED-Donutstrahls ist elektronisch gesteuert und damit genau bekannt,“ erklärt Marcel Leutenegger, Postdoktorand in Hells Abteilung. „Deshalb tasten wir uns mit dem Donutstrahl kreisend an die Moleküle heran und können sie so mit einer Genauig­keit von einem bis drei Nanometern – also Molekül­größe – orten. In Verbindung mit dem photo­chemischen Ein- und Ausschalten wird die Auflösung molekular.“

MPI bpc / JOL

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