09.05.2023 • Biophysik

Bakterien reinigen uranhaltiges Wasser

Wirksame Alternative zu teuren und konventionellen chemischen Behandlungen.

Einem Forschungsteam des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf ist es gelungen, uranhaltiges Wasser mittels einer besonderen Art von Bakterien zu reinigen. Die magneto­taktischen Bakterien verdanken ihren Namen der Fähigkeit, auf Magnetfelder zu reagieren. Sie sind in der Lage, in Lösung befindliche Schwermetalle in ihre Zellwand einzubauen. Die Forschungs­ergebnisse werfen auch ein neues Licht auf die Wechsel­wirkungen von Uran mit Bioliganden.

Abb.: Magneto­taktische Bakterien binden Uran in der Zell­wand (schema­tisch...
Abb.: Magneto­taktische Bakterien binden Uran in der Zell­wand (schema­tisch rechts dar­ge­stellt). Das lässt sich zur Reini­gung uran­be­lasteter Wässer nutzen, indem die beladenen Bakterien mit einem Magneten ab­ge­trennt werden (links dar­ge­stellt; Bild: B. Schröder, HZDR)

„Wir zielen mit unseren Unter­suchungen auf mögliche industrielle Anwendungen im Bereich der mikro­biolo­gischen Sanierung von Wässern, die insbesondere mit Schwermetallen kontaminiert sind, wie sie etwa in den ehemaligen Uranminen als Flutungs­wasser vorkommen“, erklärt Evelyn Krawczyk-Bärsch vom HZDR. Für dieses Projekt haben sich die Forscher Hilfe bei einer ganz besonderen Gruppe von Lebewesen geholt: den magneto­taktischen Bakterien. Denn aufgrund ihres Aufbaus sind sie geradezu prädestiniert für eine solche Aufgabe.

Sie weisen eine Besonderheit auf, die sie von anderen Bakterien unterscheiden: Magneto­taktische Bakterien bilden nanoskopisch kleine Magnetit­kristalle in ihrem Zellinneren. Sie sind wie auf einer Perlenschnur aufgereiht und von so perfekter Gestalt, dass sie der Mensch auf synthetischem Wege zurzeit nicht kopieren könnte. Die einzelnen magnetischen Kristalle sind jeweils umgeben von einer schützenden Membran. Kristalle und Membran bilden die Magnetosome, mit deren Hilfe sich die Bakterien entlang des Erdmagnet­felds ausrichten und sich so in ihrem Lebensraum orientieren – und sie zugänglich für einfache Trenn­prozesse machen.

Diese Bakterien sind fast überall in wässriger Umgebung verbreitet, vom Süß- bis hin zum Salzwasser, auch dort, wo es nur wenige Nährstoffe gibt. Magneto­taktische Bakterien sind bei neutralen pH-Werten selbst bei höheren Uran-Konzen­tra­tionen in wässrigen Lösungen lebensfähig. Sie bauen das aufgenommene Uran über einen weiten pH-Bereich fast ausschließlich in ihrer Zellwand ein – ausgezeichnete Grundlagen, um mit den Bedingungen zurecht­zu­kommen, wie sie in bergbau­relevanten Wässern vorkommen. Dabei gelangt kein Uran ins Zellinnere, es wird auch nicht von den Magnetosomen gebunden.

Es war bereits bekannt, dass unter­schiedliche Bakterien­typen Schwermetalle in ihrer Zellwand binden, obwohl diese ganz unter­schiedlich aufgebaut sein können. Im Falle der magneto­taktischen Bakterien besteht die Zellwand aus einer nur vier Nanometer dünnen Peptidoglykan-Schicht, einem aus Zuckern und Aminosäuren zusammen­ge­setzten Makromolekül, das Haupt­bestand­teil der Zellwände vieler Bakterien ist. Die Zellwand magneto­taktischer Bakterien wird durch eine äußere Membran abgeschlossen, die aus Zuckern und fett­ähn­lichen Bestand­teilen besteht: potenzielle Andock­stellen für Uran.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass bei den magneto­taktischen Bakterien Peptidoglykan während der Aufnahme von Uran die Hauptrolle spielt. Diese Erkenntnis ist neu und war bei diesem Bakterientyp nicht zu erwarten“, sagt Krawczyk-Bärsch. Es gelang dem Team sogar, drei konkrete Uran-Peptidoglykan-Spezies zu bestimmen und das Ergebnis mit Referenz­proben zu bestätigen. Die neuen Erkenntnisse wurden erst durch eine Kombination von Mikroskopie und verschiedenen spektro­sko­pischen Techniken möglich.

Magnetotaktische Bakterien können aufgrund ihrer magnetischen Eigenschaften mittels Magneten leicht aus Wässern abgetrennt werden. „Das ist auch im großen Stil in Form einer Behandlung direkt in ober­flächen­nahen Gewässern oder über das Abpumpen des Wassers aus Untertage-Bergwerken und dem Weiterleiten in Pilot­klär­anlagen vorstellbar“, erläutert Krawczyk-Bärsch mit Blick auf die Entwicklung innovativer Sanierungs­strategien für konta­mi­niertes Wasser. Der Einsatz von magneto­taktischen Bakterien könnte eine wirksame Alternative zu teuren und konven­tio­nellen chemischen Behandlungen sein. Denn magneto­taktische Bakterien sind genügsam in der Haltung, während zum Beispiel die Überführung anderer biomasse­basierter Lösungen in die Praxis regelmäßig am Preis scheitern, der einem erhöhten Nährstoff- und Energie­bedarf geschuldet ist.

Und noch ein weiteres Detail hat das Interesse der Forscher an diesen Bakterien geweckt: Ihre Proteine sind in der Lage, zwei- und drei­wertiges Eisen so zu stabi­li­sieren, dass die Synthese des in die Magnetosomen eingelagerten Magnetits gelingt. „Uns stellt sich deshalb besonders eine Frage: Wie werden diese Mikro­organismen mit Radionukliden verschiedener Oxidations­stufen wechsel­wirken? Wir denken da insbesondere an Plutonium“, erklärt Johannes Raff vom HZDR. Denn anders als bei Uran ist es denkbar, dass es aufgrund seiner chemischen Ähnlichkeit zu Eisen ähnliche Aufnahmewege in die Zelle nutzt. Wie beeinflusst dies das Wanderungs­verhalten von Plutonium in der Natur und ließe sich auf diesem Wege auch Plutonium aus Abwässern entfernen? Das Thema ist deshalb ebenfalls relevant für die Endlager­forschung: Etwaige Ergebnisse könnten dann in die Sicherheits­abschätzung einfließen.

HZDR / RK

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