Bändigung eines Formwandler-Moleküls

Reduzierung der Formenvielfalt bei einem fluktuierenden Koordinationskäfig.

Manche Moleküle haben keine feste Form: Sie sind in ständiger Bewegung, weil sich die Kohlen­stoff­bindungen, die sie zusammen­halten, ständig öffnen und in neuer Konstellation schließen. Für den Formwandler Bullvalen haben Forscher jetzt eine Möglichkeit der Bändigung gefunden: Wie sie berichten, dominiert eine Form, wenn das fluktu­ierende Molekül in einen Koordi­nations­käfig mit molekularer Erkennung eingebaut wird. Dieses kontrol­lierte Einfangen von Formen könnte für responsive Materialien eine Rolle spielen.

Abb.: Die Forscher haben das Form­wandler-Molekül Bullvalen durch Einbau in...
Abb.: Die Forscher haben das Form­wandler-Molekül Bullvalen durch Einbau in einen selbst­orga­ni­sie­ren­den Koor­di­na­tions­käfig ge­zähmt. (Bild: A. P. Birvé et al. / Wiley-VCH)

Chemische Bindungen zwischen Kohlen­stoff­atomen können fest sein, wie im Kohlen­wasser­stoff Ethan, oder gespannt, wie im drei­eckigen Cyclopropan, oder sie fluktuieren zwischen beiden Möglich­keiten, wie im organischen Kohlen­wasser­stoff Bullvalen. Dieses um 1960 entdeckte Molekül fasziniert Wissen­schaftler, weil es strukturell nicht zu fassen ist. Seine äußere Form bleibt zwar gleich, aber die Bindungen zwischen den Kohlen­stoff­atomen wechseln ständig.

Dadurch entzieht sich das Molekül der Teilnahme an Reaktionen, bei denen ein definierter Stoff entstehen könnte. Was für die einen ein Albtraum ist, sehen andere als interes­sante Heraus­forderung. Denn Bindungs­fluktuation eines Moleküls bedeutet auch, dass es sehr schnell auf äußere Reize reagieren kann. Damit ließe sich an einen Einsatz in funktio­nellen molekularen Schaltern oder anderen responsiven Systemen denken.

Die Teams um Thomas Fallon und Witold Bloch von der Universität Adelaide in Australien haben Bullvalen durch Einbau in einen selbst­organi­sierenden Koordi­nations­käfig zähmen können. Um den Käfig aufzu­bauen, brachte das Team am Bullvalen­molekül zwei metall­bindende Molekül­gruppen an. Als die Forscher ein Metallsalz hinzugaben, lagerten sich die Moleküle durch die Koordi­nations­bindung an die Metallionen zu einem Gemisch aus form­ver­ändernden Koordi­nations­käfigen zusammen.

„Der Schlüssel zur Fluktuations­begrenzung waren negative Ionen wie Chlorid oder Iodid“, erklärt Fallon. „Wurden diese Ionen zur Käfig­mischung zugegeben, konver­gierten über 200.000 möglichen Varianten zu einer dominierende Käfigform.“ Gesteuert wurde die Konvergenz durch molekulare Erkennung, spezifische Wechsel­wirkungen zwischen Molekülen und Ionen, fand das Team heraus. Im Ergebnis bildete sich ein Käfig­isomer heraus, bei dem vier Bullvalen­moleküle, die oben und unten im Käfig durch Metallionen zusammen­gehalten wurden, um das negative Ion des Salzes herum eine Art Korb mit gekrümmten Streben formten.

Durch die Käfig­bildung war das zuvor stark fluktu­ierende Bullvalen in einem gewissen Grad zur Ruhe gekommen. Nur noch eine Umwand­lungs­route beobachteten die Forscher, die immer zur vorherr­schenden Form führte. Die Bändigung von Bullvalen könnte bei der Entwicklung von molekularen Systemen helfen, die blitz­schnelle Anpassungen an äußere Reize fordern, hoffen die Wissen­schaftler.

Wiley-VCH / RK

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