25.05.2020 • Energie

Automobile Umweltkosten aufgeschlüsselt

Mit dem Webtool „Carculator“ lässt sich die Ökobilanz unterschiedlicher Fahrzeuge ermitteln.

Wer sich ein neues Auto kaufen will, denkt sicherlich auch an dessen Ökobilanz. Jedoch kann das Bauch­gefühl uns dabei trügen: Dass selbst wenn die Herstellung der Batterie mit einberechnet wird, das E-Auto in der Schweiz und vielen anderen Ländern schon heute am umwelt­freundlichsten ist – so das Ergebnis einer PSI-Studie von Forschern rund um den Umwelt­wissenschaftler Christian Bauer – kam kürzlich für die breite Öffentlichkeit überraschend.
 

Abb.: Christian Bauer (links) und Romain Sacchi sind Teil des Teams am PSI, das...
Abb.: Christian Bauer (links) und Romain Sacchi sind Teil des Teams am PSI, das den Carculator entwickelt hat. (Bild: M. Dzambegovic)

Nun hat dieselbe Forschungs­gruppe ein Webtool entwickelt, das die Daten und Ergebnisse ihrer andauernden Studien sowohl Endnutzern als auch der Forschungs­gemeinde zugänglich macht. Das Programm mit dem Namen „Carculator“ führt den interessierten Laien durch eine Auswahl an Parametern: Welche Antriebsart soll angeschaut werden, beispielsweise Benzin­motor, Diesel, Erdgas, Brennstoff­zelle oder Batterie­antrieb – also E-Auto. „Unser Tool bietet eine sehr breite Palette an Antriebsarten“, erklärt Romain Sacchi, ebenfalls Umwelt­wissenschaftler am PSI und bei der Entwicklung des Carculator federführend beteiligt. „Und es kann zudem zwischen sehr vielen Treibstoffen unterscheiden: Wir haben neben den gängigen auch Bio- und synthetische Treibstoffe verschiedenen Ursprungs integriert und zukünftige Technologien wie CO2-Abscheidung und -Speicherung bei der Wasserstoff­produktion bedacht.“

Wer den Carculator nutzt, kann neben Antriebsart und Brennstoff auch die Größen­kateogorie – von Kleinst­wagen bis Van – der zu vergleichenden Fahrzeuge eingeben. Man wählt zudem das Land aus, in welchem die Fahrzeuge genutzt werden – denn dadurch unterscheidet sich der Strommix für Batterie­fahrzeuge – und in welchem Jahr zwischen 2000 und 2050 die Autos zugelassen werden. Für die Zukunft kann der Strommix auch selbst definiert werden, um die Auswirkungen verschiedener Szenarien zu testen.

Das Tool bewertet auch die Umwelt­auswirkungen des gesamten Lebens­zyklus von Personen­wagen, also auch die Herstellung von Karosserie und aller weiteren Bauteile wie der Batterien für Elektro­antriebe. Auch das Ergebnis, welches der Carculator am Ende liefert, ist detailliert und umfangreich. „Viele Menschen denken zunächst an die Klima­auswirkung durch Treibhaus­gase, also CO2 und ähnlich wirkende Gase wie Methan. Doch es gibt noch weitere relevante Umwelt­indikatoren und auch diese lassen sich ermitteln“, erklärt Christian Bauer.

Darum zeigt das Tool am Ende der Berechnung nicht nur alle Treibhausgase – zusammen­gerechnet und in CO2-Äquivalenten angegeben –, sondern daneben auch den Ausstoß an Feinstaub, gesundheits­schädlichen Stickoxidemissionen und sämtliche üblichen Ökobilanz­indikatoren wie beispielsweise Gewässer­verschmutzung. Der Carculator gibt diese Werte für alle ausgewählten Fahrzeuge parallel als Grafiken aus, sodass sie sich vergleichen lassen.

Der Carculator hält für Profis zusätzlich den Blick hinter die Kulissen parat: Wird das Programm von der Webseite herunter­geladen, können alle zugrunde­liegenden Berechnungen eingesehen, beurteilt und auch geändert werden. „Das ist vor allem für die Forschungs­gemeinde gedacht, die wissen möchte, wie wir gearbeitet haben und die unsere Berechnungen vielleicht für ihre eigenen, weiterführenden Studien nutzen möchte“, so Sacchi.

Diese vollständige Transparenz soll der öffentlichen Debatte helfen. „Wenn es um die ökologische Auswirkung von Verkehrs­mitteln geht, wird bislang noch zu oft mit nicht fundierten Ergebnissen argumentiert, hinter denen unausgewogene Annahmen stecken“, sagt Sacchi. „Dem wollen wir durch unsere Nachvoll­ziehbarkeit ein Ende setzen.“

Den PSI-Forschern ist mit dem Carculator ein einzigartiges Werkzeug gelungen. „Ich kann mit gutem Gewissen sagen: Wir haben das bislang weltweit beste Vergleichstool für Personenwagen erschaffen“, so Christian Bauer. „Aber damit sind wir noch nicht am Ende – die kommenden Versionen des Tools werden auch Lastwagen, Flugzeuge und öffentliche Verkehrs­mittel beinhalten.“

PSI / DE
 

Weitere Infos

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen