23.03.2023 • Energie

Auf dem Weg zur Festkörperbatterie

Untersuchung der Bildung von Dendriten gibt Aufschluss über grundlegende Probleme dieses Batterientyps.

Festkörperbatterien gelten als „heiliger Gral“ der Batterieforschung. Sie besitzen keinen flüssigen Kern mehr, wie dies bei heutigen Batterien der Fall ist, sondern bestehen aus einem festen Material. Dies führt zu einigen Vorteilen: Unter anderem sind diese Batterien schwerer entflammbar und können zusätzlich auch noch im Miniaturm­aßstab hergestellt werden. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung haben sich nun der Lebensdauer solcher Batterien angenommen und Prozesse ins Visier genommen, die diese reduzieren. Mit ihren Erkenntnissen könnten in Zukunft haltbarere Festkörper­batterien realisiert werden.

 

Abb.: Festkörper­akkus könnten in Zukunft viele Vorteile bieten, unter...
Abb.: Festkörper­akkus könnten in Zukunft viele Vorteile bieten, unter anderem für die Verwendung in elektrisch betriebenen Autos. (Bild: MPI-P)

Ob im E-Auto, im Handy oder im Akkuschrauber: Viele täglich genutzte Geräte nutzen inzwischen wieder aufladbare Batterien. Allerdings hat der Trend auch seine Schattenseiten: So wurden bestimmte Handys vom Mitführen in Flugzeugen ausgeschlossen oder E-Autos fingen an zu brennen. Moderne kommerzielle Lithium-Ionen-Akkus sind empfindlich, was mechanische Beanspruchung betrifft.

Abhilfe könnten Festkörper-Akkus darstellen. Diese enthalten keinen flüssigen Kern mehr – den Elektrolyten – sondern bestehen durch und durch aus festem Material, etwa keramische Ionenleiter. Die Folge: Sie sind mechanisch belastbar, nicht entflammbar, einfach miniaturisierbar und unempfindlich gegenüber Temperatur­schwankungen.

Doch Festkörper-Akkus zeigen ihre Probleme nach mehreren Lade- und Entladezyklen: Sind am Anfang der Plus- und Minus-Pol der Batterie noch elektrisch voneinander getrennt, werden diese durch batterie­interne Prozesse irgendwann elektrisch miteinander verbunden: Im Akku wachsen langsam „Lithium-Dendriten“. Diese Lithium-Dendriten wachsen Schritt für Schritt bei jedem Ladevorgang bis die beiden Pole verbunden sind. Das Resultat: Der Akku ist kurz geschlossen und „stirbt“. Bisher sind die genauen physikalischen Vorgänge, die dabei vonstatten gehen, jedoch noch nicht genau verstanden.

Ein Team geleitet von Rüdiger Berger aus dem Arbeitskreis von Hans-Jürgen Butt hat sich des Problems nun angenommen und mit einer speziellen Mikroskopie­methode die Vorgänge näher untersucht. Sie gingen der Frage nach, wo die Lithium-Dendriten anfangen zu wachsen. Ist es wie in einer Tropfsteinhöhle von der Stalktiten von der Decke und Stalakmiten vom Boden wachsen, bis sie sich in der Mitte verbinden und einen Stalagnat bilden? Wachsen Dendriten vom Minus- zum Pluspol oder vom Plus- zum Minuspol? Oder wachsen sie von beiden Polen gleichmäßig? Oder gibt es besondere Stellen in der Batterie, die zu einer Keimbildung und von dort aus dann zu einem dendritischen Wachstum führen?

Rüdiger Bergers Team hat sich hierbei insbesondere Korngrenzen in keramischen Festkörper­elektolyten angesehen. Diese Grenzen entstehen bei der Herstellung der festen Schicht: Die Atome in den Kristallen der Keramik sind grundsätzlich sehr regelmäßig angeordnet. Durch kleine, zufällige Fluktuationen beim Kristall­wachtum enstehen jedoch linienartige Gebilde, an denen die Atome unregelmäßig angeordnet sind – eine Korngrenze.

Diese Korngrenzen sind mit ihrer Mikroskopie­methode – der Kelvin-Probe-Kraftmikroskopie, bei der die Oberfläche mit einer scharfen Spitze abgerastert wird – sichtbar. Chao Zhu, ein Doktorand, der mit Rüdiger Berger zusammenarbeitet, betont: „Wenn die Festkörperbatterie aufgeladen wird, sieht man mit der Kelvin-Probe-Kraftmikroskopie, dass sich Elektronen entlang der Korngrenzen ansammeln – besonders in der Nähe des Minuspols.“ Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich durch die Korngrenze nicht nur die Anordnung der Atome der Keramik, sondern auch deren elektronische Struktur verändert.

Aufgrund der Ansammlung von Elektronen können positiv geladene Lithium-Ionen, die im Fest­elektrolyten unterwegs sind, zu metallischem Lithium reduziert werden. Die Folge: Lithium setzt sich fest, es bildet sich ein Lithium-Dendrit. Wird der Ladevorgang erneut ausgeführt, kann sich der Dendrit immer weiter ausbilden, bis schließlich die Pole der Batterie verbunden werden. Die Bildung eines solchen Dendrits wurde daher – da eine erhöhte Elektronen­dichte hauptsächlich am Minus-Pol beobachtet wurde – auch nur an diesem beobachtet. Am gegenüberliegenden Plus-Pol wurde kein Wachstum festgestellt.

Die Wissenschaftler hoffen, mit einem genauen Verständnis der Wachstumsvorgänge auch effektive Wege entwickeln zu können, die das Wachstum am Minus-Pol verhindern oder zumindest eindämmen, um so in Zukunft die sichereren Lithium-Festkörper­batterien auch breitbandig zur Anwendung bringen zu können.

MPI-P / DE

 

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