16.07.2019

Auf dem Weg zum Mond

Vor 50 Jahren startete die Saturn-V-Rakete der Apollo-11-Mission.

Die Saturn-V-Rakete hob in fast beängstigender Langsamkeit um 9.32 Uhr Ortszeit von der Startrampe 39-A im Kennedy Weltraum­zentrum an der Ostküste Floridas ab. In jeder Sekunde wurden dreizehn Tonnen Treibstoff in die fünf Triebwerke gepumpt und gezündet. Jedes von ihnen erzeugte 7.500 Kilonewton Schub - das entspricht 160 Millionen PS. Erst nach zwölf Sekunden hatte sich die 111 Meter hohe und beim Start fast 3.000 Tonnen schwere Saturn V, die stärkste Rakete, die je gebaut wurde, über den Startkomplex erhoben. Sie wurde begleitet von einem gewaltigen Donnern, wie es bis dahin noch keine menschen­gemachte Maschine erzeugt hatte. Etwa eine Million Menschen verfolgten den Start vor Ort. An der Spitze der dreistufigen Rakete befand sich die Apollo-11-Kommando­kapsel Columbia mit den drei Astronauten Neil Alden Armstrong, Edwin Eugene Aldrin und Michael Collins. Drei Tage später sollten sie den Mond erreichen und in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1969 betraten Neil Armstrong und Buzz Aldrin als erste Menschen die Mond­oberfläche. Ein tausende Jahre alter Traum wurde wahr.

Abb.: Die Saturn-V-Rakete hob um 9.32 Uhr Ortszeit von der Startrampe 39-A im...
Abb.: Die Saturn-V-Rakete hob um 9.32 Uhr Ortszeit von der Startrampe 39-A im Kennedy Weltraumzentrum an der Ostküste Floridas ab. (Bild: NASA)

Zweieinhalb Minuten brannte die erste Stufe und beförderte die Rakete auf eine Höhe von 61 Kilometer. Von dort aus strebte sie mit einer Geschwindigkeit von 8.000 Kilometern pro Stunde dem Weltall entgegen. 2.000 Tonnen Treibstoff waren nun verbrannt, die Stufe wurde abgetrennt und fiel mit den fünf gewaltigen F1-Trieb­werken, die der Saturn-V-Rakete ihren Namens­zusatz gaben, 560 Kilometer östlich vom Startplatz in den Atlan­tischen Ozean. Die zweite Stufe brannte weitere sechs Minuten, ehe sie abge­trennt wurde und, nun schon 4.000 Kilometer von Florida entfernt, in den Ozean fiel. Zuvor hatte sie die dritte Stufe mit Kommandokapsel, Service­modul und Mondfähre in eine Erdum­laufbahn in etwa 185 Kilometer Höhe gehievt. Dort umrundete diese den Planeten für drei Stunden mit einer Geschwin­digkeit von sieben Kilometer pro Sekunde. Die Kontrolle über das Raumschiff für den weiteren Verlauf der Mission war inzwischen vom Kennedy Space Center an die Boden­kontrolle in Houston im US-Bundesstaat Texas übergeben worden.

Um 16.22 Uhr Weltzeit (17.22 Uhr MEZ) erfolgte nach anderthalb Erdumrundungen von dort die Freigabe für die Reise zum Mond. Die Oberstufe mit dem Saturn-IVB-Triebwerk beschleunigte das Gespann in sechs Minuten auf die nötige Flucht­geschwindigkeit von 11,2 Kilometern pro Sekunde. Eine halbe Stunde nach dem Einschuss in die Transferbahn zum Mond erfolgte das schwierigste Manöver auf dem Weg zum Erdtrabanten: das Abkoppeln von Kommando- und Servicemodul von der dritten Stufe, gefolgt von einer Drehung um 180 Grad und mit der Spitze der Kommando­kapsel das anschließende Andocken an die Mondfähre, um sie dort heraus­zuziehen. Danach wurden die nun miteinander verbundenen Komponenten wieder um 180 Grad in Flugrichtung gedreht. Dem Verantwort­lichen Michael Collins gelang das Manöver reibungslos und vor den drei Astronauten lagen nun knapp 400.000 Kilometer Wegstrecke.

Die ausge­brannte Oberstufe flog auf einer eigenen für die Apollo-11-Mission ungefährlichen Trajektorie um den Mond. Sie befindet sich infolge eines lunaren Schwerkraft-Schleuder­effekts noch heute in einer Sonnenumlaufbahn; Teleskope auf der Erde hatten anhand der Reflexions­kurven das Titandioxid der weißen Lackierung identi­fizieren können und sie dadurch bereits mehrfach wieder aufgespürt. 

Es war ein glücklicher Zufall, der dafür sorgte, dass Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins die Mission Apollo 11 bestreiten sollten. Denn Armstrong und Aldrin waren die Reservecrew der Mission Apollo 8, die an Weihnachten 1968 die allererste Reise mit menschlicher Besatzung zum Mond absolvierte und das berühmte Bild der Erde über dem Mondhorizont foto­grafierte. Dritter Ersatz­astronaut war damals Fred Haise, doch Armstrong warb bei Deke Slayton, dem Direktor des Nasa-Astronauten­büros, erfolgreich darum, dass Michael Collins den Platz von Fred Haise einnehmen sollte. Collins hatte sich bereits bei Gemini 10 bewährt. Am 10. Januar 1969 wurden Armstrong, Aldrin und Collins der Öffentlich­keit als Crew von Apollo 11 vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Mondfähre allerdings noch nicht einmal getestet worden, es war also keineswegs gewiss, dass schon mit Apollo 11 Menschen auf dem Mond landen würden.

Abb.: Buzz Aldrins Foto seines Fußabdrucks im Mondstaub. (Bild: NASA)
Abb.: Buzz Aldrins Foto seines Fußabdrucks im Mondstaub. (Bild: NASA)

Doch die Zeit drängte. Zum einen hatte die Nasa die Befürchtung, dass die Sowjetunion bald einen ersten Kosmonauten zum Mond schicken könnte. Die Nachrichten­lage war nach dem überraschenden Tod des russischen Raketeningenieurs Sergei Koroljow am 14. Januar 1966 nicht klar. Zum anderen lautete die Vorgabe von Präsident John F. Kennedy vom 25. Mai 1961: „Noch vor dem Ende des Jahrzehnts einen Menschen zum Mond und ihn auch sicher wieder zurück zur Erde zu bringen!“ Demen­tsprechend drängte die Nasa zur Eile und ging dabei hohe Risiken ein. Apollo 6 und 7 waren 1968 noch unbemannte Testflüge in der Erdumlaufbahn, bei Apollo 8 wurde im Dezember 1968 zum ersten Mal die Saturn-V-Rakete mit Astronauten an Bord eingesetzt und flog direkt mit Menschen zum Mond. Anfang 1969 testete die Nasa bei Apollo 9 die nun fertig­gestellte Mondfähre im Erdorbit und im Mai 1969 erfolgte mit Apollo 10 die Generalprobe am Mond mit einem Abstieg der Mondfähre bis auf 15 Kilometer Oberflächen­distanz. Nachdem bis dahin alles erfolgreich verlief, wollte es die Nasa nun mit Apollo 11 wagen, auf dem Mond zu landen.

Neil Armstrong wurde als Kommandant bestimmt. Schon bei Gemini 8 im März 1966 hatte er diese Position inne. Dabei wurden zum ersten Mal zwei Raumschiffe im All aneinander­gekoppelt, was beinahe in einer Katastrophe endete, da die Gemini-Kapsel ins Taumeln geriet. Armstrong brachte die Situation unter Kontrolle. Er galt als bescheiden, fast etwas intro­vertiert, allerdings auch als extrem professionell, außer­ordentlich kompetent, entscheidungsschnell und kollegial. Eigenschaften, die ihn aus der Sicht der Nasa zum Kommandanten von Apollo 11 prädestinierten. Dadurch war auch klar, dass er, der Kommandant und zugleich Zivilist, als erstes den Mond betreten sollte. Edwin „Buzz“ Aldrin, der Pilot der Mondfähre, war eher als Heißsporn bekannt: ehrgeizig, ein begeisterter Astronaut und nicht minder fähig als Armstrong. Im Kreise der Astronauten trug er den Spitznamen „Dr. Rendezvous“. Er verfasste am Massa­chusetts Institute of Technology in Boston eine Doktorarbeit für die dann Mitte der 1960er-Jahre erstmals durchgeführten Ankoppelmanöver zweier Raumschiffe im All. Michael Collins schließlich, in Rom geboren, hatte bei Gemini 10 einen Weltraum­ausstieg absolviert, war als sehr ausgeglichene Persönlichkeit bekannt und besaß eine künstlerische Ader: Es war Collins, der das Missions­abzeichen von Apollo 11 entwarf, mit einem Adler, der zur Landung auf dem Mond ansetzt und einen Olivenzweig als Zeichen der friedlichen Absichten in seinen Krallen hält. Alle drei waren gleich alt – 1930 geboren – und erfahrene Piloten im Kriegs­einsatz sowie ehemalige Testpiloten von Kampfjets in der US-Luftwaffe oder US-Navy.

Die Mission Apollo flog drei Tage lang ohne außer­gewöhnliche Ereignisse in Richtung Mond, dessen Schwerefeld die Kapsel wie berechnet einfing. Sie befand sich auf einer freien Rückkehrbahn. Auf dieser konnten das Kommando- und Servicemodul beim Erreichen des Mondes auch ohne Zünden eines möglicher­weise defekten Triebwerks von der Schwerkraft des Trabanten umgelenkt zur Erde zurückkehren. Doch alles klappte wie geplant: Am 19. Juli (17.21 Uhr Weltzeit) befand sich die Mission in einer Mondum­laufbahn. Knapp zwanzig Stunden später, es war nun der 20. Juli, krochen Armstrong und Aldrin aus der „Columbia“ in die Mondfähre „Eagle“ und dockten um 17.44 Uhr von der Kommandokapsel ab. Nach weiteren Systemtests und der visuellen Kontrolle durch Michael Collins, der die vor den Fenstern der „Columbia“ rotierenden „Eagle“ beobachtete, leitete Neil Armstrong den Lande­vorgang mit den Worten „Der Adler hat Flügel!“ ein.

Die folgende Viertelstunde ist Raumfahrt­geschichte: Armstrong und Aldrin, beide stehend und den Blick aus kleinen dreieckigen Fenstern auf den Mond gerichtet, merkten schnell, dass sie bei ihrem Anflug auf die Oberfläche von Ost nach West in Richtung der Vulkanebene Mare Tran­quillitatis die von Apollo 10 ausgekund­schafteten Landmarken um einige Sekunden zu früh passierten. Sie würden etliche Kilometer zu weit westlich aufkommen. Fünf Minuten nach dem Zünden der Triebwerke und noch 1.800 Meter über dem Mond meldete der wenig leistungsstarke, aber robuste Bordcomputer die berühmten „Fehler 1201“ und „1202“, die Armstrong nicht sonderlich beein­druckten. Schnell kam auch von der Missions­kontrolle die Empfehlung, diese zu ignorieren, denn der Computer konnte die zahlreichen Infor­mationen nicht mehr schnell genug abarbeiten.

Neil Armstrong übernahm die Kontrolle über die Mondfähre und wechselte auf Handsteuerung. Er sah an der vermeint­lichen Landestelle einen trichter­förmigen Krater mit steilen Innenwänden und metergroßen Blöcken um den Rand. Sofort erkannte er, dass diese Stelle viel zu gefährlich für eine Landung sein würde und steuerte die Mondfähre darüber hinweg. Gleichzeitig erhielt er von dem „Capsule Communicator“ (CapCom) und Astro­nauten Charles Duke aus Houston die Ansage: „60 Sekunden!“ Es befand sich nur noch Treibstoff für eine Minute im Tank der Mondfähren-Landestufe. Eine halbe Minute später: „30 Sekunden!“ Die Mission stand kurz vor dem Abbruch. Die Mondfähre befand sich nur drei Meter über der Oberfläche, und es war nicht sicher, ob ein Abbruch ohne Sturz auf die Mond­oberfläche überhaupt möglich gewesen wäre. Neil Armstrong ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und landete mit Treibstoff für nur noch etwa 20 Sekunden. Buzz Aldrin meldete „Kontakt­licht!“ nach Houston, drei Sekunden später schalteten die beiden Astronauten das Triebwerk ab, das lauter Staub aufge­wirbelt hatte.

Abb.: Während ihres Mond­aufenthalts führten die Astronauten erste...
Abb.: Während ihres Mond­aufenthalts führten die Astronauten erste wissen­schaftliche Experimente durch. (Bild: NASA)

Zwanzig endlose Sekunden später traf im Kontroll­zentrum die befreiende Nachricht von Neil Armstrong ein: „Houston, Tranquility Base here – the Eagle has landed“. CapCom Duke kommentierte: „Roger, Twank … Tranquility. We copy you on the ground. You got a bunch of guys about to turn blue. We're breathing again. Thanks a lot.“ Es war Sonntag, der 20. Juli 1969 um 20.17 Uhr Weltzeit (21.17 Uhr MEZ und Nach­mittag in den USA). Der Mensch war auf dem Mond gelandet.

Kurz nach Mitternacht deutscher Zeit – dort war bereits der 21. Juli angebrochen, während sich die Mondlandung in den USA am Abend des 20. Juli, zur besten Sendezeit, ereignete – begannen in der Eagle die Vorbe­reitungen für den Ausstieg auf den Mond. Um 3.39 Uhr MEZ wurde die Luke geöffnet, Neil Armstrong bestieg um 3.51 Uhr die Leiter, kletterte sie hinab und betrat am 21. Juli 1969 um 3.56 Uhr und zwanzig Sekunden MEZ den Mond mit den berühmten Worten: „Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit.“ Zwanzig Minuten später folgte ihm Buzz Aldrin. Für etwas mehr als zwei Stunden erkundeten die beiden ersten Menschen auf dem Mond die „großartige Einöde“ (Aldrin), sammelten 21,5 Kilogramm Mondsteine und Mondstaub­proben ein, führten die mitge­brachten Experimente aus, stellten ein Sternen­banner, die ameri­kanische Flagge auf. US-Präsident Richard Nixon gratulierte per Schaltung aus dem Weißen Haus in Washington via Houston zum Mond.

Während­dessen umrundete Michael Collins 18 Mal den Mond und wartete auf die Rückkehr seiner Kameraden. Am 21. Juli um 18.54 Uhr MEZ startete der obere Teil der Mondfähre zurück zur Kommando­kapsel in der Mondum­laufbahn, wurde angedockt und dann nach dem Umstieg von Armstrong und Aldrin wieder abgestoßen, um auf dem Mond zu zerschellen. Drei Tage später wasserten die drei Astronauten wohlbehalten im Pazi­fischen Ozean und wurden vom US-Flugzeugträger USS Hornet mit Helikoptern geborgen. Da man sicher gehen wollte, dass die Astronauten keine lunaren Mikroben mit auf die Erde brächten, mussten sie zunächst in eine zwei­wöchige Quarantäne. Auf dem Mond blieben die Experimente sowie die Unterstufe der Mondfähre zurück. An deren Landebein war unter der Ausstiegs­leiter von den beiden Astronauten eine Plakette enthüllt worden, auf der steht: „Hier betraten Menschen vom Planet Erde zum ersten Mal den Mond, Juli 1969 im Jahre des Herrn. Wir kamen in Frieden für die ganze Menschheit.“

DLR / JOL

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