31.05.2023 • Energie

Aerogele dämmen besser

Neues Produktionsverfahren für günstigere Aerogele.

Aerogele sind mit einem Luftanteil von 99,8 Prozent sowohl der leichteste als auch der effektivste Dämmstoff der Welt. Da sie aus dem unbe­denklichen mineralischen Rohstoff Silizium­dioxid bestehen, sind sie zudem nachhaltig und lassen sich unabhängig von petro­chemischen Quellen fertigen. Der Haken an der Sache: Als Dämmstoffe waren Aerogele bisher deutlich zu teuer, da ihre her­kömmliche Herstellung aufwändig und langwierig ist. Aus diesem Grund kamen sie bisher vorwiegend in Nischen­anwendungen wie in Raumanzügen zum Einsatz.

Abb.: Das Aerogel wird mit einer Korngröße von zwei bis vier Millimetern in...
Abb.: Das Aerogel wird mit einer Korngröße von zwei bis vier Millimetern in den Dämmputz integriert. (Bild: P. Banczerowski, FhG)

In dieser Heraus­forderung sah das Unternehmen Proceram eine Chance und machte es sich zum Ziel, Aerogele kostengünstig und massentauglich herzustellen. Grundlage für eine Revolution im Bereich der Dämmung: ein günstiger minera­lischer Dämmstoff, der besser isoliert als auf fossilen Energien basierende Alternativen und nicht brennbar ist. Dazu kontaktierten die Unternehmer die das Fraunhofer Institut Umsicht und stellten innerhalb von sechs Jahren ein neuartiges Produktions­verfahren für Aerogele auf die Beine, das vom Labor bis in den vor­industriellen Maßstab vollständig ohne umweltgefährliche Chemikalien auskommt. Darüber hinaus konnten mit dem neuen Verfahren die Herstellungs­kosten der bis dato teuren Aerogele um siebzig Prozent, die Produktionszeit von mehr als zehn auf 2,5 Stunden gesenkt werden. Für diese Leistung erhalten Nils Mölders, Andreas Sengespeick und Christoph Dworatzyk den Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2023.

Um Kosten und Produktionszeit des Aerogels in diesem Ausmaß senken zu können, setzte das Forscherteam beim Produktions­prozess an. Üblicherweise wird zur Aerogel­herstellung ein Sol, eine feine Verteilung fester Stoffe in einem Medium, mittels Säure geliert – dazu braucht es sechs Kilogramm Säure für ein Kilogramm Aerogel. Anschließend wird das Gel gealtert, das Lösungsmittel getauscht und getrocknet. „Wir haben den Stand der Technik konsequent in Frage gestellt“, erläutert Mölders. „Während überkritisches Kohlenstoff­dioxid, dessen Eigenschaften zwischen denen von Gas und Flüssigkeit liegen, bisher lediglich für die Trocknung genutzt wird, setzen wir es für alle Prozessschritte ein. So können wir auf die Säuren verzichten.“ Auch die Rohstoffe stehen im Zeichen der Nachhaltig­keit: Die Forschenden testeten mehr als zwanzig verschiedene silikatische Sole, die gut verfügbar, kostengünstig und nicht toxisch sind.

Um schließlich als Dämmmaterial von Gebäuden zum Einsatz zu kommen, wird das Aerogel auf eine Korngröße von zwei bis vier Millimetern gebracht und in einen rein mineralischen Putz integriert. Die Masse verfügt über gute Dämm- und bau­physikalische Eigenschaften, die diejenigen der klassischen Dämmstoffe wie Styropor oder Mineralwolle übertrifft. „Integriert in den Putz können die Aerogele – verglichen mit Styropor – die Wärmeleit­fähigkeit um den Faktor zwei senken; das ist wirklich enorm. Wir haben damit ein stark dämmendes Material auf rein mineralischer Basis“, fasst Dworatzyk zusammen. Es ist also nur die Hälfte der Schichtdicke von Styropor nötig, um die gleiche Dämmleistung zu erreichen. Ein weiterer Pluspunkt: „Wir verwenden hier nur Materialien wie Sand oder Kalk, die sich wieder in die Stoffkreisläufe einbringen, also recyclen lassen“, ergänzt Sengespeick. Das Potenzial des neuartigen Produktions­verfahrens ist für Gebäudetechnik und Klimaschutz also gleicher­maßen groß.

FhG / JOL

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