17.07.2025

Neuartige Röntgentechnik für Momentaufnahmen auf atomarer Ebene

Stochastische stimulierte Röntgen-Raman-Streuung hilft, das Verständnis chemischer Reaktionen und Materialeigenschaften mit superaufgelösten Details zu verbessern.

Mit einer von einem internationales Team von Forschenden entwickelten neuen Methode der Spektroskopie, der stochastischen stimulierten Röntgen-Raman-Streuung (s-SXRS), soll das Verständnis chemischer Reaktionen und Materialeigenschaften mit beispielloser Detailgenauigkeit auf atomarer Ebene verbessert werden. Die Technik wandelt Rauschen in wertvolle Daten um und liefert Momentaufnahmen der elektronischen Strukturen von Atomen. Um detaillierte Momentaufnahmen von atomaren Prozessen zu erstellen, kam der European XFEL Röntgenlaser in Schenefeld bei Hamburg zum Einsatz, der größte Röntgenlaser der Welt.

Illustration: Wenn eine einfallende Röntgenlichtwelle durch ein dichtes Gas...
Wenn eine einfallende Röntgenlichtwelle durch ein dichtes Gas fliegt, verstärkt es spezifische Raman-Signale. Bei der anschließenden Analyse mit einem Gitter liefern diese Signale extrem hochauflösende Spektren, die durch den Einsatz von Korrelationsmethoden mit Superauflösung die Grenzen herkömmlicher Instrumente übertreffen.
Quelle: Illustration: Stacy Huang / ANL

Der innovative Ansatz wurden von Forschenden des Argonne National Laboratory des US-Energieministeriums (DOE), des Max-Planck-Instituts für Kernphysik, von European XFEL und anderer Einrichtungen entwickelt. Er ebnet nach Ansicht der Forschenden den Weg für Durchbrüche in der chemischen Analyse und Materialwissenschaft, da er sehr eng beieinander liegende Energieniveaus in Atomen identifizieren kann und zugleich tiefe Einblicke in die elektronischen Strukturen bietet, die viele chemische Eigenschaften bestimmen. 

Thema Röntgenspektroskopie

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Tim Salditt, Jakob Soltau, Paul Philipp Meyer • 3/2023 • Seite 3

Röntgenbilder spektral aufgelöst: Röntgenspektroskopie

In ihren Experimenten schossen die Forschenden die Röntgenblitze des European XFEL durch ein Neongas. Anschließend sammelten sie die resultierende Strahlung mit einem Spektrometer. Die etwa fünf Millimeter kleine Hochdruck-Gaszelle wurde vom Max-Planck-Institut für Kernphysik entwickelt. Der intensive Strahl erzeugte winzige Löcher in den Ein- und Ausgangsfenstern der Zelle, sodass das Röntgenlicht zu einem Gitterspektrometer gelangen konnten – einem Gerät, das Licht in seine verschiedenen Wellenlängen zerlegt. Das Gitterspektrometer wurde von der Universität Uppsala in Schweden zur Verfügung gestellt.

Wenn die Röntgenstrahlen das Gas durchdringen, verstärken sie die Raman-Signale um fast das Milliardenfache. Dieses starke Signal liefert innerhalb von Billionstel Sekunden detaillierte Informationen über die elektronische Struktur des Gases. Durch die Analyse der Beziehung zwischen den einfallenden Impulsen und den resultierenden Raman-Signalen konnten die Forschenden ein detailliertes Energiespektrum aus vielen einzelnen Momentaufnahmen erstellen, anstatt langsam verschiedene Energieniveaus abzutasten.

Ein Erfolgsrezept war die Verwendung der Kovarianzanalyse. Sie verknüpft die einfallenden Röntgenimpulse mit den emittierten Raman-Signalen. Dies macht aus dem, was früher als „Rauschen“ galt, eine wertvollen Ressource, die es ermöglicht, detaillierte Informationen aus komplexen Daten zu extrahieren. Das verbessert nicht nur die Auflösung, sondern beschleunigt auch die Datenerfassung und liefert schnelle und detaillierte Momentaufnahmen der atomaren Wechselwirkungen.

Einen weiteren wichtigen Teil fügte die Argonne Leadership Computing Facility (ALCF) hinzu. Die amerikanische Forschungseinrichtung stellte die erforderliche Rechenleistung zur Simulation der komplexen Wechselwirkungen zwischen Röntgenimpulsen und Materie bereit. Die Simulationen stimmten weitgehend mit den experimentellen Daten überein und lieferten darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse darüber, wie sich Röntgenimpulse beim Durchqueren von Gasen verhalten. Die Berechnungen trugen somit entscheidend zum Verständnis der Bewegungen und Wechselwirkungen bei und ebnen den Weg für zukünftige Untersuchungen.

Die praktischen Anwendungen der stochastischen stimulierten Röntgen-Raman-Streuung sind vielfältig. Sie kann beispielsweise Einblicke in die Bildung oder den Bruch chemischer Bindungen liefern und so zu einem tieferen Verständnis grundlegender Prozesse beitragen, die für die chemische Analyse relevant sind. Dieses Wissen ist für die Entwicklung neuer Materialien mit spezifischen elektronischen Eigenschaften von entscheidender Bedeutung und hat Auswirkungen auf Branchen wie die Elektronik oder Nanotechnologie. [XFEL / dre]

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European X-Ray Free-Electron Laser Facility GmbH

Holzkoppel 4
22869 Schenefeld
Deutschland

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